Vor fast genau fünf Jahren begann in Berlin ein Experiment, von dem sich der Veranstalter sagte, dass es, sollte es gut gehen, auf absehbare Zeit kein Ende haben würde.
„Vieles in der Sozialgeschichte der westlichen Welt in den vergangenen
drei Jahrzehnten hat damit zu tun, dass Dinge, die funktionierten, durch
Dinge ersetzt worden sind, die gut klingen.“
„In einer Situation völliger geistiger und sozialer Heimatlosigkeit ergibt eine
wohlabgewogene Einsicht in die gegenseitige Bedingtheit des Willkürlichen
und des Geplanten, des Zufälligen und des Notwendigen, durch die sich der
Lauf der Welt konstituiert, keinen Sinn mehr. Nur wo der gesunde
Menschenverstand seinen Sinn verloren hat, kann ihm die totalitäre
Propaganda ungestraft ins Gesicht schlagen.“
Hannah Arendt
„Elemente und Ursprünge der totalitären Herrschaft“
Der neue „Ring“ an der Berliner Staatsoper, eigentlich ein Geschenk zu Daniel Barenboims 80. Geburtstag, fand unter der Leitung von Christian Thielemann statt. Gelingt die Tetralogie? Musikkritiker Matthias Nikolaidis entdeckte durchaus Schönheiten – und vermisste trotzdem die Seele des Werks.
Jede „Ring“-Inszenierung heute steht vor der Aufgabe, diese in Wagners Werk aufgehobene Gattungsgeschichte mit zu inszenieren – oder das Werk selbst zu vergessen.
Eigentlich sollte das Werk schon 2020 in die Kinos kommen, musste aber wegen Covid pausieren, wurde in der Wartezeit schnell noch umgeschnitten, digital remastert und auf den neuesten Stand der inklusiven Sprache gebracht: der lang erwartete Film „Top Gut Maverick“, produziert von Bernd „Jerry Bruck“ Zeller.
Monika Maron zeigt in ihrem Band „Essays und Briefe“, dass Distanz und Scharfsicht zusammengehören. Diese Kombination gibt es in der deutschen Literaturlandschaft nicht oft
„Wer innerhalb der Demokratie Erziehungsideale verficht, die gegen
Mündigkeit, also gegen die selbstständige bewußte Entscheidung jedes
einzelnen Menschen, gerichtet sind, der ist antidemokratisch, auch wenn er
seine Wunschvorstellungen im formalen Rahmen der Demokratie propagiert.“
Theodor W. Adorno
„Erziehung zur Mündigkeit“ (1971)
„Unser Zeitalter ist das Zeitalter der intellektuellen Organisation von
politischem Hass. Das wird eine der wichtigsten Dinge sein, die es in der
Moralgeschichte der Menschheit festzuhalten gilt.“
Julien Benda
„La trahison des clercs“ („Der Verrat der Intellektuellen“), 1927
Liebe Leser: Die meisten Texte in diesem Medium stammen von dem Publico-Gründer Alexander Wendt. Der befindet sich allerdings bis Anfang November in einer Schreibklausur für sein neues Buch. Das bedeutet: es werden bis dahin auch weiter Texte von ihm auf Publico erscheinen – aber vorübergehend in einer etwas geringeren Frequenz als bisher. Und natürlich auch danach wieder im gewohnten Rhythmus.
Flächendeckend wird momentan die Grundtugend des Wokismus ausgerollt: das schlechte Gewissen. Egal, was der Mensch macht, er soll es zerknirscht tun und sich fragen: „Muss das jetzt sein?“ Die Berichterstattung über das Münchner Oktoberfest ist ein Paradebeispiel für den Tugendeifer einer freudlosen Sekte.
Noch bevor die Wiesn überhaupt begonnen hatte, drehte der Münchner Pressestadl frei. Schon im heißen August hieß es: „München impft sich fit für die Wiesn“.