In der vergangenen Medienwoche ging es um Bildung in Deutschland, speziell um die Schülerleistungen in Mathematik und Naturwissenschaften. Und auch ein wenig um die Leistungen der Medien, zumindest auf der Metaebene.
Darin bringt er gleich zwei Falschbehauptungen unter. Zum einen unterstellt er, der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner habe einen Tweet weitergeleitet, dessen Urheber sich „abfällig über die Opfer von Halle“ geäußert hätte.
„Deutschland ist eins: vieles“ lautet das Motto der Plakatkampagne des Bundesinnenministeriums zum 30. Jahrestag des Mauerfalls. Aus den Plakatmotiven erfährt der Betrachter zwar nicht viel über das Deutschland von 2019, aber eine Menge darüber, wie urbane Werber auf das schauen, was sie für „sooo deutsch“ beziehungsweise typisch Kleinbürger und Provinz halten: Weiße Socken in Sandalen, Gartenzwerge auf der Fensterbank, Dackel, akkurat gestutzte Gartenhecken.
Ein Text schaffte es in der vergangenen Medienwoche vor allen anderen, einen heftigen öffentlichen Streit auszulösen: Der Artikel des Springer-Vorstandschefs und Journalisten Mathias Döpfner zu dem versuchten Attentat auf die Synagoge in Halle (und dem Tod zweier Zufallsopfer). „Nie wieder ‚nie wieder’» hatte Döpfner sein Stück überschrieben, und darin die selektive Wahrnehmung des Antisemitismus in Deutschland in Medien und in der Politik und Bequemformeln wie „Nie wieder“ gegeißelt.
Zu dem Text „Das Elend des deutschen Klima-Journalismus“ (Tichys Einblick und Publico vom 9. Oktober 2019) schreibt die WELT-Autorin Birgit Herden, deren Text über Michael Mann und seinen Prozess Tim Ball in meinem Beitrag behandelt wird, den folgenden Brief:
„Sehr geehrter Herr Wendt,
_Sie geben meinen Text in der WELT sehr verzerrt wieder.
_ ‘Sicher nicht zu Unrecht hält Mann die Vorwürfe für politisch motiviert’ heißt es in dem Text zwar, aber dann bleibt gar nichts in der Schwebe. Vielmehr folgen längere Ausführungen über die Kritik von Fachleuten an der Kurve. Insbesondere zitiere ich ausführlich Manns Kritiker Zorita, lasse ihn noch einmal im Rückblick die Arbeit und Manns Persönlichkeit kommentieren. Den Kritiker, den Sie selbst als ‘Schwergewicht der Klimaforschung’ bezeichnen. Ist Ihnen das in meinem Text, aus dem Sie so fleißig zitieren, wirklich entgangen? Mein Bemühen war es ja gerade, einmal eine Kontroverse in der Klimaforschung darzustellen und beide Seiten zu Wort kommen zu lassen. Traurigerweise scheinen solche Texte gerade die zu stören, die angeblich eine differenzierere Betrachtungsweise wünschen. Noch einmal: Eduardo Zorita, das ‘Schwergewicht’, der nach Ihren Worten ‘Michael Manns Kurve einer vernichtenden Kritik unterzogen’ hat, hält Mann nicht für einen Fälscher. Die Diskussion der Fehler hält er für einen ‘ganz normalen wissenschaftlichen Prozess’ – den Sie hier unterschlagen. Und er sagt weiterhin: ‘Die Grundaussage der Kurve, dass die letzten vier Jahrzehnte die wärmsten im letzten Millennium waren, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit korrekt.’
MfG
Birgit Herden“
Liebe Birgit Herden,
um mit dem zu beginnen, was Sie an den Anfang Ihres Briefes stellen, und was tatsächlich auch mein Hauptvorwurf gegen Ihren Text ist:
„’Sicher nicht zu Unrecht hält Mann die Vorwürfe für politisch motiviert’ heißt es in dem (Brigit Herdens – d. A.) Text zwar, aber dann bleibt gar nichts in der Schwebe. Vielmehr folgen längere Ausführungen über die Kritik von Fachleuten an der Kurve. Insbesondere zitiere ich ausführlich Manns Kritiker Zorita, lasse ihn noch einmal im Rückblick die Arbeit und Manns Persönlichkeit kommentieren.“
Sie schreiben eben nicht nur, dass Michael Mann Vorwürfe gegen seine Hockeystick-Kurve für „politisch motiviert“ hält – das meint er in der Tat, und hatte es schon öfter gesagt – , sondern Sie pflichten ihm als Autorin bei, indem Sie schreiben: „sicher nicht zu Unrecht“. Wem soll dieses Urteil gelten? Politiker in den USA haben Mann angegriffen. Politiker haben politische Motive. Was sie betrifft, ist diese Feststellung also banal. Aber von welchen „politischen Motiven“ sollen wissenschaftliche Kritiker wie Hans von Storch, Eduardo Zorita, Ross McKitrick und andere bei ihrer Kritik der Mann’schen Hockeyschläger-Kurve getrieben worden sein? Sie nennen in Ihrem Text keine politischen Motive, die Ihrer Meinung nach in Frage kämen, und belegen den Vorwurf auch nicht. In Ihrem Text nicht, und in Ihrem Brief an mich ebenso wenig. Dass Sie Zorita kurz mit wissenschaftlichen Einwänden zitieren, stützt ja eben mit keinem Jota die Behauptung, er und andere Forscher hätten Manns Kurve aus politischen Gründen attackiert.
Als Autorin, die sich mit Wissenschaftsthemen befasst, müssten Sie wissen, wie schwer der Vorwurf gegen Wissenschaftler wiegt, sie hätten nicht nur einfach eine andere Sicht auf eine Fragestellung als ein Kollege, sondern sie ließen sich von politischen Motiven leiten.
Die Klimaforschung und vor allem die Berichterstattung darüber ist hochgradig politisiert – vor allem durch Wissenschaftler wie Michael Mann, bei dem die Grenzen zwischen Forschung und Aktivismus verschwimmen, aber auch wegen wissenschaftlich-politischer Figuren wie Joachim Schellnhuber, Stefan Rahmstorf und Johan Rockström, für die das ebenso gilt. Der Klima-Journalismus, den ich in meinem Text kritisiert hatte, trägt zu dieser Grenzverwischung bei, indem er zum einen die Politisierung noch anheizt und verbreitet, und zum anderen wissenschaftliche Debatten nur oberflächlich oder gar nicht nachzeichnet.
Hier kommen wir zu Ihrem zweiten Punkt:
„Mein Bemühen war es ja gerade, einmal eine Kontroverse in der Klimaforschung darzustellen und beide Seiten zu Wort kommen zu lassen. Traurigerweise scheinen solche Texte gerade die zu stören, die angeblich eine differenzierere Betrachtungsweise wünschen.“
Nein, Sie zeichnen eben gerade die wissenschaftliche Kontroverse nicht nach. Sie erwähnen zwar, dass von Storch, Zorita und andere Manns Hockeyschläger-Kurve kritisieren. Ihre Leser erfahren aber gar nicht, mit welchen Argumenten. Deshalb hier noch einmal eine kurze Zusammenfassung der Kontroverse, die ich in meinem Text „Das Elend des deutschen Klima-Journalismus“ schildere:
Michael Mann und seine Kollegen wurden zum einen kritisiert, weil sie bei der Rekonstruktion ihrer historischen Klimakurve bis zurück ins 15. Jahrhundert so genannte Proxydaten – also Daten von Baumringen, Korallen, Eisbohrkernen – mit Thermometerdaten ab 1860 zu einer einzigen Kurve verbunden hatten, obwohl Baumring-Daten und Thermometermessungen erheblich voneinander abweichen.
Und zweitens, weil ihre Formel zur Datenmodellation größere Temperaturvariationen in der Vergangenheit kleinrechnete und das Ergebnis – einen Graphen mit langer abfallender Gerade und stark steigendem Ende – systematisch begünstigte.
Darüber hinaus gab es noch die Kritik von Ross McKitrick, der Michael Mann und seinem Team einen willkürlichen und fehlerhaften Umgang mit den zugrundeliegenden Rohdaten vorwarf. Hans von Storch machte es in seinem Buch „Die Klimafalle“ außerdem zum Thema, dass Wissenschaftler, die auf Manns Seite standen, über lange Zeit die Publikation von kritischen Artikeln in einer wichtigen Fachzeitschrift torpediert hatten.
„Bemühen, eine Kontroverse in der Klimaforschung darzustellen“ – dazu müssten Sie schon, siehe oben, nachzeichnen, worum es in dieser Kontroverse in der Sache ging. Das taten Sie wie gesagt nicht. Aus der unbelegten Behauptung von „politischen Motiven“ und fehlender Sachdarstellung ergibt sich genau das, was ich als Elend des Klima-Journalismus kritisiere: den Unwillen, die Unfähigkeit oder die Nachlässigkeit, je nach dem, seinen Lesern deutlich zu machen, dass es eben in sehr wesentlichen Fragen der Klimaentwicklung keine Einigung unter den Fachwissenschaftlern gibt. Sondern Streit mit guten Gründen, wie in jedem anderen Wissenschaftsgebiet auch. Natürlich handelt es sich bei der Kontroverse um einen „ganz normalen wissenschaftlichen Prozess“. Sie halten mir dieses Zitat Zoritas entgegen, als hätte ich das Gegenteil geschrieben, und behaupten, ich hätte eben diesen Diskussionsprozess „unterschlagen“: „Noch einmal: Eduardo Zorita, das ‚Schwergewicht’, der nach Ihren Worten ‚Michael Manns Kurve einer vernichtenden Kritik unterzogen’ hat, hält Mann nicht für einen Fälscher. Die Diskussion der Fehler hält er für einen ‚ganz normalen wissenschaftlichen Prozess’ – den Sie hier unterschlagen.“
Wer meinen Text liest, kann sich selbst ein Urteil darüber bilden, ob ich einen wissenschaftlichen Prozess – also die Kontroverse um die Hockeyschläger-Kurve – „unterschlage“. Oder ob ich sie nicht im Gegenteil abbilde, im Gegensatz zu Ihnen. Dass Zorita, von Storch und andere Michael Mann nicht für einen „Fälscher“ halten – davon müssen Sie mich nicht überzeugen. Das ist mir bekannt. Ich halte Mann ebenso wenig für einen Fälscher. Am Anfang meines Textes stelle ich mit Bezug auf das Gerichtsverfahren Mann gegen Ball in Kanada die rhetorische Frage: „Beruht die berühmte und viel zitierte ‘Hockeyschläger-Kurve’ des amerikanischen Klimaforschers Michael Mann auf einer Fälschung?“ Denn das war der Vorwurf Timothy Balls gewesen.
Um dann zu erklären, dass es in dem Verfahren kein Urteil gab, sondern der Prozess wegen der Verzögerung durch Mann nach acht Jahren schließlich ohne Ergebnis eingestellt worden war.
In meinem Text heißt es: “Aus dieser Verfahrenseinstellung lässt sich kein Urteil gegen Mann und erst Recht keines über die Hockeyschläger-Kurve herauslesen.“
In „Das Elend des deutschen Klima-Journalismus“ gehe ich zwar darauf ein, dass Mann weder in dem Prozess noch sonst seine Kritiker überzeugend widerlegte. Aber ich beschäftigte mich erst in zweiter Linie mit Mann, und in erster – siehe Überschrift und Text – mit Journalisten, die in deutschen Medien über Klimaforschung schreiben und dabei die wissenschaftliche Debatte kleinreden oder wie Sie, Brigit Herden, an den Rand schieben. Darauf, dass es eine massive wissenschaftliche Kritik an Manns Kurve gab und gibt, kommen Sie erst im unteren Teil Ihres Textes überhaupt zu sprechen. Und dann erklären Sie eben nicht, worum es dabei ging und immer noch geht. Stattdessen servieren Sie eine kryptische und unbelegte Spekulation über „politische Motive“ der Kritiker Manns.
Sie schreiben: „Traurigerweise scheinen solche Texte gerade die zu stören, die angeblich eine differenzierere Betrachtungsweise wünschen.“ Dabei meinen Sie ihren eigenen Artikel. Ihr Beitrag stört mich gar nicht. Ich halte ihn nur für symptomatisch.
Er ist auch nicht der einzige Text, den ich zitiere. Der ZEIT-Artikel über Michael Mann, den ich anführe, ist sicherlich nicht nur lückenhaft, sondern agitatorisch. Schlechter geht es immer.
Schließlich zitieren Sie Eduardo Zorita mit der Aussage über Manns Kurve: „Die Grundaussage der Kurve, dass die letzten vier Jahrzehnte die wärmsten im letzten Millennium waren, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit korrekt.“
Auf jeden Fall waren die letzten vier Jahrzehnte die wärmsten seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Nur: Das ergibt sich aus den Messdaten der NASA, des britischen Met Office und vieler anderer Messergebnisse. Um das festzustellen, braucht niemand Michael Manns Hockeyschläger-Kurve von 1998.
Und vor allem beweisen die neueren Temperaturdaten nicht, dass Manns Rekonstruktion einer Temperaturkurve vom Mittelalter bis in die Gegenwart korrekt ist.
In den heute-Nachrichten vom 08. Oktober um 19:00 Uhr befasste sich das ZDF mit dem angekündigten Truppenrückzug der USA aus Syrien. In dem Beitrag kommt auch Senator Lindsey Graham mit einem O-Ton zu Wort.
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Prinz Asfa-Wossen Asserate, Sie hatten schon im vergangenen Jahr den jungen äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed als Figur der Hoffnung für ganz Afrika gelobt und für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Was empfinden Sie heute, da Abiy den Preis tatsächlich bekommen hat?_
Natürlich Freude und Stolz. Die Preisverleihung ist eine große Ehre für Äthiopien. Er ist der erste Nobelpreisträger des Landes._
Das norwegische Preiskomitee entschied heute, den äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed mit dem Friedensnobelpreis auszuzeichnen. Mit ihm gibt es zum ersten mal seit Jahren einen Preisträger, der die Kriterien Alfred Nobels tatsächlich erfüllt. Abiy ist tatsächlich ein Friedensstifter.
Sehr viele Medien inszenieren das globale Thema als griffiges Drama: wissenschaftliche Helden gegen „Leugner“. Kontroversen unter Fachleuten kommen kaum vor. Ambivalenz gilt als schädlich für die korrekte politische Botschaft
Beruht die berühmte und viel zitierte „Hockeyschläger-Kurve“ des amerikanischen Klimaforschers Michael Mann auf einer Fälschung? Die Kurve hatte Mann und seine Kollegen Raymond Bradley und Malcolm K. Hughes 1998 schlagartig berühmt gemacht.
Mit 38,4 Prozent verfehlte Sebastian Kurz glasklar die absolute Mehrheit bei der Nationalratswahl in Österreich. Gut, er schnitt alles in allem besser ab, als es der Fall gewesen wäre, wenn nur deutsche Journalisten und ZDF-Late-Night-Personen hätten wählen dürfen. Die Tatsache, dass die Ostmark dort beginnt, wo die Reichweite der Süddeutschen nachlässt, verzerrt das Wahlergebnis bei unseren Nachbarn erheblich.
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) verantwortet nicht nur eine marode Polizei. Er ließ kürzlich auch einen Journalisten abdrängen, der ihn mit Fragen dazu nervt. Außerdem lässt er unhaltbare Behauptungen über den Publizisten verbreiten
Der Berliner Journalist und Blogger Anatol Wiecki kann mitunter sehr lästig sein. Vor allem für Politiker des sozialdemokratisch-grün-linken Senats. Vor einigen Wochen machte Wiecki stadtweit Furore, als er die miserable Infrastruktur der Berliner Polizei dokumentierte. Der Journalist hatte versucht, die Polizei anzurufen, um sie aufzufordern, ein Auto abzuschleppen, das einen barrierefreien Straßenübergang zugeparkt hatte.
Robert Habecks Ahnungslosigkeit beleuchtet ein grundsätzliches Problem: Die Bessermeinenden in Deutschland kümmert die Lebenswelt der anderen außerhalb der Städte nicht. Das könnte früher oder später zu einer Eruption führen
Es war kein Blackout, als Grünen-Chef Robert Habeck im „Bericht aus Berlin“ vorzurechnen versuchte, dass sich Pendler durch die neuesten Beschlüsse der Bundesregierung künftig sogar noch bereichern: Weil der Benzinpreis nur um drei Cent pro Liter steigen soll, die Pendlerpauschale aber um 5 Cent. „Einen Anreiz zu geben möglichst weite Distanzen zu fahren ist klimapolitisch Wahnsinn“, dozierte Habeck, der offenbar glaubt, dass Pendler aus steuerlichen Gründen gern noch eine Extrarunde einlegen.
Der Chef der staatlichen hessischen Filmförderung Hans Joachim Mendig muss etwas Böses getan haben – wenn auch nicht ganz klar ist, was – denn eines Tages beziehungsweise in der vergangenen Woche wurde er angeklagt. Dreihundert so genannte Filmschaffende und zahlreiche gute Medien fordern Mendigs Rücktritt, weil er sich vor Wochen privat mit dem AfD-Chef Jörg Meuthen und dem PR-Berater Moritz Hunzinger getroffen hatte. Es hatte sich, wie Mendig sagt, um ein privates Treffen gehandelt.
Am weltweiten Klimastreiktag, dem 20. September, hatte ich auf das Gespräch mit einem Klimastreikenden gehofft. Die Frage, ob jemand tatsächlich seine Erwerbsarbeit niederlegt, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, interessiert mich wirklich. Bisher liefen auf den freitäglichen Klimademonstrationen Schüler mit, Studenten, manchmal auch, wie ich im erweiterten Bekanntenkreis gehört hatte, Mütter mit Tagesfreizeit. Keiner gehörte zu einer Personengruppe, die ihre Arbeitsleistung verweigern können, um eine Forderung gegen ihren Arbeitgeber durchzusetzen. Genau das meint ja der Begriff Streik.
Wenn Erfindung und dokumentierte Wirklichkeit nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind, dann ist das nicht gut. Nicht für die Wirklichkeit, nicht für die Erfindung, nicht für die Gesellschaft und vor allem nicht für den Autor, der sich als Autor naturgemäß mal auf dem Boden der Dokumentation bewegt und mal auf dem Terrain der Parodie, also der ähnlichen Erfindung.
Nach den Wahlen in Sachsen und Brandenburg erreicht die Verachtung des tonangebenden Milieus für den hässlichen Ossi neue Höchststände. Diese Verachtung sagt allerdings mehr über die besserfühlenden Kreise aus als über Ostdeutschland. Was bilden sich die Gutmeiner eigentlich ein?
Auf die französischen Bourbonen und grundsätzlich auf alle, die immer in der gleichen Spur bleiben, obwohl sie im eigenen Interesse gute Gründe hätten, sie zu wechseln, münzte Charles Maurice de Talleyrand 1814 den Satz: „Sie haben nichts gelernt und nichts vergessen“. Ils n’ont rien appris, ni rien oublié. Für die meisten Großkommentatoren der Wahlen in Sachsen und Brandenburg reicht schon die erste Satzhälfte.
Bei Maybritt Illner wurde Annegret Kramp-Karrenbauer kürzlich gebeten, den Kern bürgerlicher bis konservativer Politik zu beschreiben, für die ihre Partei stehen soll. Sie nannte bemerkenswerterweise: Mindestlohn, Vereinbarkeit von Arbeit und Familie, Verteidigungspolitik – ohne bei dem dritten Punkt genauer auszuführen, welche.
In dem Doku-Drama „Stunden der Entscheidung“, das am 4. September im ZDF lief, setzt Regisseur Christian Twente von vorn herein einen Rahmen: Er erzählt den 4. September 2015 nach – hauptsächlich als Drama zwischen Kanzlerin Angela Merkel, dem österreichischen Kanzler Werner Faymann und dem ungarischen Premier Viktor Orbán. Die Sympathie ist ziemlich klar verteilt.
„Die Lage ist so, Genosse Minister“, rapportierte der Leiter der Leipziger Stasi-Bezirksverwaltung Manfred Hummitzsch bei der Dienstbesprechung am 31. August dem MfS-Chef Erich Mielke: «Nachdem jetzt acht Wochen Pause war – und wir dort außer ein paar unbedeutenden Einzelbewegungen im Vorfeld der Kirche, die wir unter Kontrolle hatten – findet jetzt zur Messe am 4.9., 17:00 Uhr, das erste Mal wieder dieses operativ relevante ‘Friedensgebet’ statt.“