Alte & Weise: Oscar Wilde
Original post is here eklausmeier.goip.de/wendt/2023/07-17463.
Von Alexander Wendt / / alte-weise, spreu-weizen / 5 min Lesezeit
„Eine Idee, die nicht gefährlich ist, ist es nicht wert, überhaupt eine Idee genannt zu werden.“
Oscar Wilde
4 Kommentare
Original: Alte & Weise: Oscar Wilde
Liebe Leser von Publico: Dieses Onlinemagazin erfüllt wie eine Reihe von anderen Medien, die in den letzten Jahren entstanden sind, eine zentrale und früher auch allgemein selbstverständliche publizistische Aufgabe:
Es konzentriert sich auf Regierungs- und Gesellschaftskritik.
Offensichtlich besteht ein großes Interesse an Essays und Recherchen, die diesen Anspruch erfüllen.
Das jedenfalls zeigen die steigenden Zugriffszahlen.
Kritik und Streit gehören zur Essenz einer offenen Gesellschaft.
Für einen zivilisierten Streit braucht es gut begründete Argumente und Meinungen, Informationen und Dokumentationen von Fakten.
Publico versucht das mit seinen sehr bescheidenen Mitteln Woche für Woche aufs Neue zu bieten.
Dafür erhält dieses Magazin selbstverständlich kein Steuergeld aus dem Medienförderungstopf der Kulturstaatsministerin Claudia Roth, kein Geld aus dem Fonds der Bundeszentrale für politische Bildung (obwohl Publico zur politischen Bildung beiträgt) und auch keine Überweisungen von Stiftungen, hinter denen wohlmeinende Milliardäre stehen.
Ganz im Vertrauen: Publico möchte dieses Geld auch nicht.
Die einzige Verbindung zu diesen staatlichen Fördergeldern besteht darin, dass der Gründer des Magazins genauso wie seine Autoren mit seinen Steuern dazu beiträgt, dass ganz bestimmte Anbieter auf dem Medien- und Meinungsmarkt keine Geldsorgen kennen.
Es gibt nur eine Instanz, von der Publico Unterstützung annimmt, und der dieses Medium überhaupt seine Existenz verdankt: die Leserschaft.
Alle Leser von Publico, die uns mit ihren Beiträgen unterstützen, machen es uns möglich, immer wieder ausführliche Recherchen, Dossiers und Widerlegungen von Falschbehauptungen anzubieten, Reportagen und Rezensionen.
Außerdem noch den montäglichen Cartoon von Bernd Zeller. Und das alles ohne Bezahlschranke und Abo-Modell. Wer unterstützt, sorgt also auch für die (wachsende) Reichweite dieses Mediums.
Publico kann dadurch seinen Autoren Honorare zahlen, die sich nicht wesentlich von denen großer Konzernmedien unterscheiden (und wir würden gern noch besser zahlen, wenn wir könnten, auch der unersetzlichen Redakteurin, die Titelgrafiken entwirft, Fehler ausmerzt, Leserzuschriften durchsieht und vieles mehr).
Jeder Beitrag hilft.
Sie sind vermutlich weder Claudia Roth noch Milliardär.
Trotzdem können Sie die Medienlandschaft in Deutschland beeinflussen.
Und das schon mit kleinem Einsatz.
Der Betrag Ihrer Wahl findet seinen Weg via PayPal – oder per Überweisung auf das Konto
(Achtung, neue Bankverbindung!)
A. Wendt/Publico
DE88 7004 0045 0890 5366 00,
BIC: COBADEFFXXX
Dafür herzlichen Dank.
Die Redaktion
Werner Bläser
7. Juli, 2023Apropos Ideen:
Ideen sind in der Politik das, was in der Musik die Melodie ist. Aber ebenso, wie es in der Musik zahlreiche Mittel gibt, eine Melodie zu präsentieren, so gibt es in der Politik Mittel, Ideen zu propagieren. Beiden Feldern gemeinsam ist die Lautstärke.
Banal? Mitnichten! Denn in puncto Lautstärke ergibt sich zwischen Linken und Konservativen eine bemerkenswerte Asymmetrie des Stils. Man könnte sagen, wie zwischen Rockmusik und klassischen Flötenkonzerten.
Wer lauter spielt, wird eher gehört. Ich denke, diese simple Erkenntnis erklärt einen grossen Teil des Siegeszugs linker Ideologie in den Merkel-Jahren. Diejenigen von uns, die noch die «klassischen» 68iger Lautsprecher wie Dutschke gehört haben, und die Demos, die durch die Strassen zogen, können sich an die Geburt dieses politischen Musikstils erinnern. Fridays for Future spielen unter ähnlichen Dirigenten.
Es ist einfach so, dass in einer Demokratie nicht nur Stimmenzahl zählt, sondern eben auch Lautstärke und Intensität. Eine Soul-Röhre beeindruckt viele mehr als ein Sopranino-Largo von Vivaldi. Nicht alle von uns sind Musik-Gourmets. Und nicht alle sind Politik-Gourmets.
Viele reagieren nur auf den akustischen linken Holzhammer. Und dagegen hilft kein vornehm-zurückhaltendes konservatives Pianissimo-Geflöte. Es hilft nur, ebenfalls kräftig auf die Pauke zu hauen. Die AfD hat das begriffen. Das macht ein gerüttelt Mass ihres Erfolgs aus. Und sie haben Recht, diese Taktik anzuwenden.
Sonst dringen sie lautstärkemässig einfach nicht durch.
Thomas
8. Juli, 2023Gänsefüßchen der Zeit
oder: Zum Neuen Jahr
»Wird’s besser? Wird’s schlimmer?«
fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich:
Leben ist immer
lebensgefährlich.
(Kästner Erich, Kurz und bündig, 1950)
Kommt eine Idee zu den anderen auf den Tisch, dann hat man den Salat. 🙂
Werner Bläser
10. Juli, 2023«Gefährliche Ideen». Ich liebe Oscar Wilde. Platonisch – sonst habe ich eher einen anderen Geschmack als Oscar Wilde. Aber Gefahr ist nur schauerlich-schön, wenn sie fern von uns ist. In Krimis zum Beispiel. Wenn wir betroffen sind, sind wir von ihr weniger angetan. Ausser einem bestimmten Menschenschlag. Er findet sich vorwiegend unter Linken.
Es sind die Leute, die uns mit ihren politischen «Visionen», ihren Ideologien, ihren radikalen Neuerungen beglücken wollen. Leute, die an ihren mit geisteswissenschaftlicher Literatur übersäten Schreibtischen sitzen und sich gar Wunderbares ausdenken.
Wie Karl Marx. Oder Jürgen Trittin, Habeck und Baerbock (sorry für den Vergleich, Karl!).
– Diese Leute haben meist gemeinsam, dass sie, sollten ihre Ideen verwirklicht werden, zudem nicht unter den desaströsen Folgen leiden müssen. Sie können sich in Villenvororte oder in die Toskana absetzen.
– Die Idee, dass Ideen eben nicht weniger gefährlich sein können als Medikamente, kommt ihnen nicht. Jedes Medikament, das auf den Markt kommen soll, wird in mehreren Testläufen akribisch untersucht, ob es nicht etwa giftig ist oder ob die unwillkommenen Nebenwirkungen den Nutzen nicht überwiegen. Oder ob überhaupt ein Nutzen vorliegt.
– Bei Ideologien und Visionen soll diese Vorsicht nicht gelten. Edmund Burke demaskierte diese kindliche Unvorsicht schon vor langer Zeit.
Ich habe nichts dagegen, wenn Menschen Selbstmord begehen wollen – physisch oder sozial oder ökonomisch. Ist ihr Recht. Aber ich wehre mich dagegen, mit in den Abgrund gezogen zu werden.
Thomas
10. Juli, 2023Eigenwillig
Ich sehe das ähnlich. Früher Umgang mit Künstlern und Schriftstellern führt manchmal auch zu den “Gefährlichen Ideen”. In den Salons ist das schauerlich Schöne angenehm fern. Theorie. Ebenso wie die Verwerfungen historisch einzigartiger Großexperimente. Ein bestimmter Menschenschlag, vorwiegend unter Linken zu finden, ist entzückt von derlei Vorwärtsgewandtheit. Am Ende soll eine beglückte „Menschheit“ ihr Urteil über sie fällen, während auf dem Weg dorthin Ströme von Blut fließen. Das Blut der Orks ist bekanntlich schwarz.
Auf den dramatischen Veränderungen surfen sie wie auf Meereswellen, beglücken ihre Gesinnungsgenossen mit Fortschritts-Preisen. Übersäen die geisteswissenschaftliche Literatur mit wedge issues, dog whistles, hot-button issues, Framing und degressiven trickle-down economics.
https://jungefreiheit.de/kultur/literatur/2023/hauptsache-in-der-mitte/
Sie sitzen mit ihren Ideen an ihren Schreibtischen bei ZEIT, taz und FAZ, bei Stern, t-online, SZ und ZDF, und dort denken sie sich gar Wunderbares aus. All diese Trittins, Habecks oder Baerbocks, sie wollen im Grunde auch nur hin zu den Sonnenseiten des Lebens, weit, weit weg von den desaströsen Folgen ihres „Vorwärts“. Sie wollen hin zu den Villenvororten in der Schweiz oder in der Toskana. Die Testläufe ihrer historisch einzigartigen Ideen finden am offenen Herzen der Gesellschaft statt, betrieben von Politikern der Bewegung, die von Experten der Bewegung beraten werden, das Ganze kommentiert von Journalisten der Bewegung. Unwillkommene Nebenwirkungen, wie beispielsweise der aufkommende Widerspruch, bekämpft die Neostasi der Bewegung. Während sich Schützlinge durch die Gesellschaft messern.
Vom Gastarbeiter-Schwindel über Rettungsschirm-Schwindel und rot-grüner Visa-Schwindelei bis hin zum Geflüchteten-Schwindel dieser Tage zieht sich jener rote Faden einwanderungspolitischer Triebtäter, welcher die Ideologien und Visionen längst als kindliche Unvorsicht (an der Macht) entlarvt hat. Da zeigt sich kein „freundliches Gesicht“: Es ist ein bescheuertes.
Auch mich verbindet kaum etwas mit Mr. Wilde. Schon gar nicht halte ich den Sozialismus für eine neue Triebfeder der Kunst. Immerhin unterzeichnete er als einziger Literat Shaws Petition zur Begnadigung der zum Tode verurteilten Anarchisten der Haymarket Riots in Chicago. Mut hatte er. Und er war Ästhet. Und ein Meister der Sprache. Immerhin.
„Die Zeit wird kommen, wo unser Schweigen stärker ist, als die Stimmen, die Sie heute erdrosseln.“
(August Spies, Haymarket Affair, zugeschrieben)
Nur eine Idee. Als Demokrat West habe ich heute die Wahl:
AfD oder AfDDR.
Wenn mich der Staat deswegen verfolgt, dann spricht er sein Urteil.