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Politik, Gesellschaft & Übergänge

Die Abschaffung der Wirklichkeit – und die Fallhöhe aus der 21. Etage

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Vor 25 Jahren führte der New Yorker Physiker Alan Sokal ein Experiment durch: Er dekonstruierte mit einer Fake-Theorie den Dekonstruktivismus – das Lieblingsspielzeug der Linken. Doch der überlebte seine Blamage nicht nur. Er durchdringt heute auch Medien und Politik. Gerade in Corona-Zeiten.

Von Redaktion / / politik-gesellschaft / 45 min Lesezeit

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Von Jürgen Schmid

_ „In _[meinem Aufsatz ’Die Grenzen überschreiten: Auf dem Weg zu einer transformativen Hermeneutik der Quantengravitation’] [Transgressing the Boundaries: Toward a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity] _erkläre ich ohne den geringsten Beweis oder ein Argument, dass ’physische ’Realität’ (beachten Sie das Angstzitat) im Grunde genommen ein soziales und sprachliches Konstrukt ist.’“

_

Die Begründung des Autors hatte zwar nichts mit Naturwissenschaften zu tun, gefiel der Redaktion der Fachzeitschrift “Social Text“ aber so gut, dass sie den Aufsatz 1996 ohne Nachfrage druckte. „Tiefe konzeptionelle Veränderungen innerhalb der Wissenschaft des 20. Jahrhunderts“, hieß es da, „haben die kartesianisch-newtonsche Metaphysik untergraben. Dadurch wurde immer deutlicher, dass die physische Realität, nicht weniger als die gesellschaftliche, im Grunde ein soziales und sprachliches Konstrukt ist, dass wissenschaftliche Erkenntnis alles andere als objektiv ist, sondern die herrschenden Ideologien und Machtverhältnisse der Kultur, die sie hervorgebracht hat, widerspiegelt und verschlüsselt.“

Diese Sätze schrieb jemand, der als Mathematiker und Physiker über die Schwerkraft gut Bescheid wusste, als Linker über den Dekonstruktivismus und dessen Folgen. Der 1955 in Boston geborene Alan Sokal litt in den 1990er Jahren darunter, wie die Linke, die sich früher „mit der Wissenschaft und gegen den Obskurantismus identifizierte“, nach und nach die Seiten gewechselt hatte – hin zu einem neuen, linken Obskurantismus.

Zu diesem obskurantistischen Umbruch an den amerikanischen Universitäten und Colleges kam es durch den Erfolg der French Theorie, die in den Geisteswissenschaften schnell alles andere an den Rand drängte. Der von dem französischen Philosophen Jacques Derrida begründete und von anderen weiterentwickelte Dekonstruktivismus schaffte zumindest in seiner vulgarisierten Form die Wirklichkeit ab. So etwas wie Objektivität, lautete der Kern der Theorie, gebe es nicht und könne es nicht geben – sondern nur Deutung, Zuschreibung, Konstruktion. Was umgekehrt bedeutet: Mit Begriffen lässt sich die Welt auch nahezu beliebig neu justieren.
Sehr spät, 1994, mahnte der 1930 geborene Derrida, nicht jeder Begriff dürfe zerlegt werden, es gebe durchaus eine Grenze. Das „klassische Ideal der Emanzipation“ sei keinesfalls überholt; wer es abschaffen wolle, gehe die „schlimmsten Allianzen“ ein. Seine Warnung kam reichlich spät. Der Dekonstruktivismus hatte sich zu diesem Zeitpunkt längst erst in den US-Universitäten und dann als Re-Import in den westeuropäischen Hochschulen ausgebreitet. Auf diesem Weg war er sehr viel gröber und orthodoxer geworden. Es handelte sich gewissermaßen um eine erfolgreiche Mutante.

„Das konstruktivistische Credo“ hätten „Kulturwissenschaftler offenbar mit der Muttermilch aufgesaugt“, schrieb der FAZ-Journalisten Richard Kämmerlings 1999 in seinem Text „Ein Besuch bei den Plapperkrähen“. In diesen akademischen Kreisen – konkret ging es um die Deutsche Gesellschaft für Volkskunde – glaube man, „dass das Natürliche stets ein ‚soziales Konstrukt’ ist, dass sogar die Naturgesetze selbst nicht ‚entdeckt’, sondern um eines sinistren Machtanspruchs willen von den ‚exakten Wissenschaften’ zusammengestoppelt wurden“.

An dieser Überzeugung setzte Sokals Experiment vor 25 Jahren an, mit dem er Wissenschaftsgeschichte schrieb. Er fabrizierte aus originalen Bausteinen postmoderner Wissenschaftler einen Text, den, wie der Physiker meinte, jeder Mathematikstudent im ersten Semester sofort als Parodie erkennen musste. „Nicht nur unsere Theorien der physischen Realität, sondern die Realität selbst“ sei eine Kopfgeburt, lautete Sokals zentrale Schlussfolgerung. Sein Beitrag über die Entlarvung der Schwerkraft als Konstruktion erschien in einer Ausgabe von “Social Text“ mit dem schönen Titel “Science Wars“. Das Buch „Eleganter Unsinn“, in dem Sokal mit seinem belgischen Kollegen Jean Bricmont enthüllte, „wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften missbrauchen“, löste ein Beben im akademischen Betrieb aus. Der Sokal Hoax machte seinen Urheber schlagartig berühmt. In dem selbstgefälligen und selbstbezüglichen Treiben der dekonstruktivistischen Geisteswissenschaftler erschien der Physiker aus Boston wie das Kind in Andersens Märchen, das feststellt: „Der Kaiser ist ja nackt.“

„Die Ziele meiner Kritik“, schrieb Sokal, „sind zu einer sich selbst erhaltenden akademischen Subkultur geworden, die begründete Kritik von außen ignoriert.“
Fünfundzwanzig Jahre nach seinem brillanten Streich lebt der Dekonstruktivismus allerdings nicht nur immer noch, er dominiert Universitäten in den USA und Westeuropa stärker denn je. Er bestimmt inzwischen nicht nur das, was Sokal „akademische Subkultur“ nannte, sondern zunehmend auch Politik und Medien.

Wie stark die Ideologie mittlerweile vorherrscht, alles sei Konstrukt und konstruierbar, demonstrierte die Wiederauflage des Sokal Hoax mehr als zwanzig Jahre später. Eine subversiv-intelligente Wissenschaftlergruppe um die britische Literaturwissenschaftlerin Helen Pluckrose heckten zwischen 2017 und 2018 mehrere Nonsense-Texte aus, und verschickte sie an sozialwissenschaftliche Fachzeitschriften. Diesmal ging es nicht um Schwerkraft, sondern um Rasse, Geschlecht und intersektionalen Feminismus.
Pluckrose und ihre Komplizen James A. Lindsay und Peter Boghossian fabrizierten beispielsweise einen mit den entsprechenden French-Theory-Klingelwörtern gespickten Aufsatz über rape culture bei Hunden, verbunden mit der Aufforderung, Männer besser zu erziehen. Der nächste Text empfahl Männern, sich von ihrer Transphobie durch die anale Einführung von Sexspielzeug zu kurieren. Ein anderer Beitrag bestand in einer feministischen Umschreibung von Hitlers „Mein Kampf“, bei der die Autoren das Wort ‚Juden’ durch ‚Männer’ ersetzten.
Als die Gruppe ihr Troll-Unternehmen 2018 öffentlich machte, hatten Fachjournale vier ihrer Texte publiziert (unter anderem den über Männer und Hunde), weitere drei bereits im Peer-Review-Verfahren akzeptiert, sieben Aufsätze befanden sich noch im Prüfverfahren. Abgelehnt wurden nur sechs. In die Wissenschaftsgeschichte ging die Aktion unter „Sokal squared“ ein, also Sokal hoch zwei.
Bemerkenswerterweise unternahm in Deutschland bisher niemand einen bekannt gewordenen Versuch wie Sokal und die Pluckrose-Gruppe. (Möglicherweise erlebt die staunende Fachwelt aber demnächst die Auflösung eines noch laufenden Streichs.)

Ein phantastischer Zaubertrick

Was macht die French Theory eigentlich so verführerisch? Sie erweist sich bei richtiger Anwendung als phantastischer Zaubertrick, sich die Wirklichkeit nach der Vorstellung nahezu beliebig zurechtzubasteln. Wer die Prämisse gelten lässt, dass der Mensch ohne genetische Vorprägung als unbeschriebenes Blatt auf die Welt kommt, kann die Geschlechter hinter der Vorstellung verschwinden lassen, dass Mann und Frau keine biologischen Tatsachen repräsentieren, sondern durch Erziehung oder auch nur durch ‚Zuschreibung’ erst zu dem gemacht werden, was sie zu sein glauben.
Was vor 25 Jahren noch als reines Textgebilde an Universitäten herumschwirrte, bestimmt heute Teile der Politik. Zu den ersten Amtshandlungen des neuen US-Präsidenten Joseph Biden gehörte ein Dekret, das alle Schulen, die Bundesmittel erhalten, dazu zwingt, Schüler beim Schulsport in den Wettbewerben des Geschlechts antreten zu lassen, dem sie sich durch reinen Willensakt zugehörig fühlen. Biologische junge Männer, die sich als Frauen deklarieren, können auf diese Weise beim Sprint gegen biologische Mädchen antreten (und die Medaillen abräumen), sie können sie beim Kampfsport buchstäblich niederringen. Denn auch wenn Geschlecht zum Konstrukt erklärt wird – physische Kraft und Hebelwirkung sind es offensichtlich nicht.

Wem es nicht angenehm ist, sich in der reichen Bundesrepublik mit Armut konfrontiert zu sehen, der kann jedes Problemviertel jeder beliebigen Großstadt dadurch entproblematisieren, dass er die Presse beschuldigt, sie würde durch ständige Berichte über Armut diesen Zustand in einer Art „Zuschreibung“ erst erzeugen.
Überhaupt erlaubt der Dekonstruktivismus, reale Probleme auf die sprachliche Ebene zu verschieben. Eine ganze Reihe von intersektionalen Feministinnen und Ethnologinnen erklären beispielsweise die Wendung “__female genital mutilation“, also Genitalverstümmelung bei Frauen für „stigmatisierend“. Der Begriff „Verstümmelung“ diskriminiere die Betroffenen, vor allem drücke sich darin eine „westliche Dominanz“ aus. Die grausame Praxis verschwindet auf diese Weise unter einem schicken und übrigens rein westlichen Diskursteppich.

Konstruktivismus ist eine Doktrin, die uns einreden will, die gesamte reale Welt wäre nichts als der Diskurs, der über sie geführt wird. Diese Doktrin ist notwendig für jeden Woken, also bereits Erwachten, der das Menschengeschlecht zum Besseren erziehen will. Denn nur, wenn der Mensch unbedarft in die Welt entlassen ist, kann man ihn als formbares Rohmaterial behandeln. Walter Benjamin schreibt in „Erfahrung und Armut“ 1933 von „Unerbittlichen“, „die erst einmal reinen Tisch“ machen, weil sie „einen Zeichentisch“ für den Entwurf ihrer neuen Welt schaffen müssten. Er nannte sie folgerichtig „Konstrukteure“.

Sokal wusste schon bei der Wahl seinen Nonsense-Titels ”Transgressing the Boundaries: Toward a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity” genau, was er tat. Mit jedem Wort drückte er bei denen, die er vorführen wollte, eine Taste.

„Transgressing“
Etwas überschreiten, über Bekanntes hinausgehen – das ist es, was das Herz aller Linken öffnet: Als Visionär an der Speerspitze der Avantgarde marschieren, Ewiggestriges bloßstellen und überwinden. Voranschreiten, immer auf dem Weg zur besseren Welt.

„Boundaries“
Grenzen erkennen, als alt, überholt und schädlich markieren, durchlässig machen, eliminieren.

„Toward“
„Hin zu“ heißt immer auch: „Weg von“. Weg von allem Schlechten, dass irgendwer konstruiert hat, um sich selbst zu nutzen und den Schwachen dieser Welt zu schaden. Die biologischen Geschlechter beispielsweise: Ein patriarchales Instrument der White Supremacy zur Unterdrückung aller möglichen Minderheiten.

„Transformative“
Verändern ist das Zauberwort überhaupt: Entstehen soll der neue Mensch, idealerweise die Weltgemeinschaft, in der sich alle Widersprüche verflüchtigen.

„The Great Reset“

Die Vorstellung einer am Zeichentisch neu entworfenen Weltgesellschaft findet sich schon seit geraumer Zeit bei Jürgen Habermas und seiner „Politischen Verfassung für die pluralistische Weltgesellschaft“.

Die Idee einer am leergeräumten Tisch neukonstruierten Gesellschaft präsentierte 2020 jemand, der die Weltelite zu sich einlädt, nämlich Weltwirtschaftsforum-Gründer Klaus Schwab in seinem Buch „The Great Reset“. Schon im ersten Satz in Schwabs Reset-Buch mischen sich Größenphantasie mit unfreiwilliger Komik: „Seit seinem Eintritt auf die Weltbühne hat COVID-19 das bestehende Skript, wie man Länder regiert, mit anderen zusammenlebt und an der globalen Wirtschaft teilnimmt, dramatisch zerrissen.“
Wer hätte eigentlich dieses ‚Skript’ geschrieben? Und wie haben wir uns ein Virus vorzustellen, das etwas hoch Abstraktes wie ein Lebensskript für die ganze Welt zerreißt?

„Mit Blick auf die Zukunft werden die Regierungen höchstwahrscheinlich entscheiden, dass es im besten Interesse der Gesellschaft ist, einige der Spielregeln neu zu schreiben und ihre Rolle dauerhaft zu stärken“, schreibt Schwab. Abgesehen vom Zirkelschluss einer Rollenstärkung der Gesellschaft in der Gesellschaft: Er folgt ganz selbstverständlich dem Kern der neuen Gesellschaftstheorie, nämlich der Annahme, jemand könnte von einem Punkt aus die „Spielregeln der Gesellschaft“ wie ein Computerprogramm neu verfassen.

Wie sich der Diskurs zur eigentlichen Wirklichkeit aufschwingt, erleben Millionen zurzeit auch ganz praktisch und mit sehr realen Konsequenzen. Auch nach einem Jahr Covid-19 gibt es, wie der Mediziner Matthias Schrappe immer wieder kritisiert, kaum brauchbare Daten über den Stand der Infektionen, weil viele Gesundheitsämter mit großem Vollzug melden, Tests nicht standardisiert stattfinden und deren Zahl außerdem schwankt. Was statt der Fakten und Evidenzen zählt, sind Begriffe beziehungsweise Ziffern.
Eben wurde von der Politik noch eine Inzidenz von 50 genannt, ab der Leben wieder stattfinden darf. Ist die 50 irgendwie auf wackliger Basis mehr zusammengereimt als errechnet, gilt die 35 als neue Ziellinie. Wenn die 35 erreicht ist wie in München seit letzter Woche, steht die Zehn im Raum, dann Null. Selbst bei Null würde es wahrscheinlich heißen: ‘Wir müssen wachsam sein – die x-te Welle baut sich auf.’

Wie groß ist die Infektionsgefahr wirklich? Wie hoch das Risiko zu erkranken, zu sterben? Wie verhalten sich diese Risiken zu anderen Lebensrisiken? Wie verteilt sich das Risiko in der Gesellschaft? Welche Alternativen gäbe es zu einem Lockdown? Darauf geben die 50, 35 oder die 10 kaum Antworten. Trotzdem dominieren sie die Politik. Vor allem konstruieren sie eine Genauigkeit und Planbarkeit, die in Wirklichkeit nicht existiert.

Sokals Fazit über den Glauben an beliebige Konstruierbarkeit lautete vor einem Vierteljahrhundert:
„Das Problem mit solchen Lehren ist, dass sie falsch sind. Es gibt eine reale Welt; ihre Eigenschaften sind nicht nur soziale Konstruktionen; Fakten und Beweise sind wichtig (facts and evidence do matter).“

Alan Sokal könnte seinen Text im Jahr 2021 aus gegebenem Anlass ‘Facts and Evidence matter’ nennen. Vor 25 Jahren machte der Physiker allen, die etwas anderes meinten, ein Angebot:
„Jeder, der glaubt, dass die Gesetze der Physik bloße soziale Konventionen sind, ist eingeladen, diese Konventionen aus den Fenstern meiner Wohnung zu übertreten. (Ich wohne im 21. Stock).“

Jürgen Schmid ist Historiker und freier Autor.

Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.

30 Kommentare
  • caruso
    27. Februar, 2021

    Hatte nicht Einstein recht? Er sagte (ungefähr): «Zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit. Im ersten bin ich unsicher.»
    lg
    caruso

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    • MBunterwegs
      1. März, 2021

      Wenn man also aufhörte, den Weißen supremacy zuzuschreiben, würde sie aufhören. Womöglich wäre Mathematik auch für alle Kulturen gleich, wenn man ihr das zuschriebe.

      Der Zauber des Konstruktivismus liegt darin, dass er als selbst erfüllende Prophezeiung Wirksamkeit entfaltet.

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  • Albert Schultheis
    27. Februar, 2021

    Danke, Herr Schmid, für den interessanten, notwendigen Beitrag. Ich bin überzeugt, dass gestandene Naturwissenschaftler und Mathematiker, also MINTler, ebenso wie Menschen, die mit zwei Beinen im praktischen Leben stehen, also Bauern, Handwerker, selbständige Unternehmer und Gewerbetreibende, immun sind gegen diese Art der postmodernen Hirnerweichung. Es sind die «geisteswissenschaftlichen» Taugenichtse und Tagediebe, die in ihren spezifischen, von Alltagsnöten und Ernährungsdruck enthobenen, weil staatlich, parteilich, o.ä. alimentierten, Positionen hocken, wie Politiker, höhere Beamten, Soziologen, Politologen, Ethnologen, Philosophen, an den Universitäten oder öffentlichen Einrichtunhen, Journalisten und Publizisten, die für solche reinen Kopfgeburten anfällig sind. Bezeichnend auch der Versuch der Psychologie im Verbund mit der Anthropologie und der kognitiven Wissenschaften, den Menschen selbst als vernunftbegabtes, für seine Taten, Worte und Gedanken verantwortliches Individuum zu dekonstruieren. Das im Endeffekt nicht mehr zurechnungsfähige Individuum ist eben auch nicht mehr fähig und würdig, seine Rolle als Zoon politicon, also souveräner Bürger, in einer demokratischen Gesellschaft auszuführen, denn es bedarf der ständigen Leitung, Gängelung und Belehrung durch den Übervater Staat. Damit wird die Würde des Menschen endlich angetastet, ja, zersetzt. Der Bürger wird wieder zum Umtertan, ja zum Objekt. Folgerichtig entsteht aus der Dekonstruktion des Individuums eine komplementäte Instanz, sei sie Partei, Elite oder Neo-Aristokratie, die selbstverständlich die geistige Führung übernimmt, mit allen dazu notwendigen Mitteln der Unterwerfung und Gefügigmachung der minderbemittelten Plebs. Selbstredend besteht die Klasse der elitären Obertanen eben nicht aus den gewöhnlichen Individuen, für die die diagnostizierten mentalen Shortcomings und bewusstseinsmäßigen Defizite zutreffen. Sie sind eher gottgleich wie Pharaonen oder die Partei, die immer recht und allein den Zugang zur Wahrheit hat. Es ist dies das altbekannte Konstrukt der klassischen Diktatur, der Oligarchie, oder der Räterepublik die wir aus der Geschichte kennen. Es geht um Unterwerfung, Knechtschaft und Ausbeutung. Wieder mal.

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    • Nikedew
      28. Februar, 2021

      Natürlich nicht bei der Schwerkraft. Das war nur ein Scherz von Sokal. Es geht um komplexere Fragen. So wie einige Linke uns weismachen wollen, es gäbe keine natürlichen Geschlechter, keine angeborenen Talente oder keine Rassen, leugnen einige Rechte die Verantwortung der Menschen für den Klimawandel. Das Dekonstruktivistische bei den Linken ist, dass sie über Wortverbote (Rasse, Volk etc.) Wortvorschriften und Wortschöpfungen (Inklusion, Diversität) ihren Unsinn zu verdecken versuchen (auch vor sich selbst).

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      • Albert Schultheis
        1. März, 2021

        Diese Linken Wirklichkeits-Leugner (um mal einen Linken Kampfbegriff zu gebrauchen) sollten sich mal mit den Erkenntnissen und der Lehre Charles Darwins sowie seiner modernen Epigonen in der Biologie und der Genetik befassen, dann würden sie verstehen, was sie für einen Unsinn reden. Sie würden begreifen, mit welch rasanter Geschwindigkeit die Natur ihre Genome verändert und weiterentwickelt und dass bereits die nächste Generation (mit ganz wenigen Ausnahmen) im Prinzip einen neuen Menschentypus darstellt. Noch viel schneller geht das bei den Viren, wie wir gerade erleben, man kann bei deren Weiterentwicklung sprichwörtlich zuschauen, wie Evolution passiert. Was das Menschengemachte im Klima angeht, so hat natürlich die Biosphäre von Anfang an die Atmosphäre der Erde und mit ihr das Klima beeinflusst. Wenn es nicht so wäre, könnten wir nicht einmal atmen. Aber zu glauben, dass wir in Deutschland oder Europa mit ein paar Maßnahmen, den Klimawandel zum Verlangsamen, ja zum Halten bringen könnten, ist schon sehr vermessen. So wie die gesamten Grundlagen der Grünen Theorien über die globale Erwärmung, ihre Ursachen und Wirkungen äußerst fragwürdig sind. Sie unterschätzen die globalen Massenverhältnisse sowie die kosmischen Zusammenhänge. Viel vernünftiger wäre es, durch Aufklärung und Verhütung das Wachstum der Bevölkerung in Afrika und dem vorderen Orient, und dort besonders in den mehrheitlich muslimischen Staaten einzudämmen. Das wäre unter anderem auch der einzig sinnvolle und wirksame Weg, die Welt in diesen Regionen zu befrieden!

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    • Christoph
      28. Februar, 2021

      Hervorragende Zusammenfassung, die ich einem hirnweichen Freunde schicken werde. Danke

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  • Stefan Leikert
    27. Februar, 2021

    Wäre doch egal, was gesagt und behauptet wird, wenn die Strafbewehrung, die Macht- und Mehrheitsverhältnisse andere wären. Sieht man doch z. B. an Flacherdlern. Die können predigen, bis sie schwarz werden, juckt keinen. Aber so wie es ist, ist es faschistische Diktatur. Nichts weniger!

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  • Libkon
    27. Februar, 2021

    Wer nach dem plausiblen Text von Herrn Schmid noch glaubt/vermutet, dass die „Regierung“ nur das Beste fürs Volk/Bevölkerung will, der sollte aus dem Albtraum aufwachen. Unbedingt. Sonst gibt es ein böses Erwachen. Alles, was angeblich „konstruiert“ ist, gibt es wirklich, wie z. B. die biologischen Geschlechter und sogar den natürlichen (aber eher nicht den angeblich menschengemachten) Klimawandel, der periodisch auftritt. Dass die westliche Welt vom linken/sozialistischen „Virus“ seit Jahrzehnten heimgesucht wird und der uns zu überrennen versucht, davor sollte niemand mehr die Augen verschließen, sonst haben wir sehr bald nur noch „dekonstruierte Dekonstruktionen“, sprich: Einen gesellschaftlichen Trümmerhaufen, der zu gesellschaftlichen „Verwerfungen“ führen würde, um es gelinde auszudrücken.

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    • Nikedew
      28. Februar, 2021

      Es ist immer wieder schade, wenn Menschen, die zu Recht dem ganzen linken Zirkus kritisch gegenüber stehen, meinen, sie müssten deshalb auch die Verantwortung der Menschen für den Klimawandel als linkes Hirngespinst abtun. Das ist Wagenburg-Mentalität: auf der anderen Seite nur Böses.

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      • Libkon
        1. März, 2021

        Was Ihre Behauptung betrifft, «die Verantwortung der Menschen für den Klimawandel als linkes Hirngespinst ab(zu)tun», verweise ich auf den obigen Kommentar von Herrn Schultheis an Sie, (dem ich mich vollinhaltlich anschließe). Es geht nicht um «Wagenburgmentalität», sondern um Fakten, wie Herr Schultheis richtig argumentiert.

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      • F. Jungeleit
        1. März, 2021

        Sie glauben also an menschengemachtes Wetter? An diese menschengemachte Wetterstatistik namens Klima, die zur neuen Erbsünde wurde? Sie glauben tatsächlich, dass das gekoppelte, nichtlineare chaotische System namens Klima eine mit Thermostat ausgestattete Heizung ist, die mittels mehr oder weniger menschengemachten CO2 auf die gewünschte Temperatur eingestellt werden kann? Dann gehören Sie sicher auch zu den Mitmenschen, die die postulierte Erwärmung der letzten 170 Jahre um 0,9 Grad – also fünf tausendstel Grad pro Jahr – klar spüren? Zu den Mitmenschen, die den natürlich stattfindenden Klimawandel leugnen – hier ist das Verb logisch. Dieser Fakt ist ja am gesamten Klimaokkultismus der größte Zaubertrick, der natürliche Klimawandel – der große Gegenspieler der Evolution -, wurde einfach weggezaubert. Aus den vorherrschenden Klimaelementen kreierten die Klimaalchemisten eine mystische globale Temperatur und bügelten den Wandel der Vergangenheit bis zum Beginn der Industrialisierung einfach glatt; bastelten freudig ein Hockeyschläger-Diagramm. Trockenheit, Regen, Kälte, Wärme usw., alles CO2-Magie. Die Magier dazu: «Es wird kälter, weil es wärmer wird!»

        Ein Beispiel für magische Wetterbeschwörung. Reto Knutti, einer der 10-15 Klimabeschwörer mit akademischen Abschluss, auf deren magische Texte alle anderen Magier „wissenschaftlich“ aufbauen, versuchte zwei Jahre händeringend die CO2 – Klimasensibilität zu beweisen. 2017 lies er dann aus seinem Alchemielabor verkünden: „The consensus on the ‘likely’ range for climate sensitivity of 1.5 °C to 4.5 °C today is the same as given by Jule Charney in 1979, …“. Das ist der heutige „empirische“ Stand zum menschengemachte Co2-Wetter – ein Konsens zum Wahrscheinlichen! Tiefer Glaube an das Prophetentum, Hogwarts lässt grüßen! https://www.nature.com/articles/ngeo3017

        Übrigens wird dieser Konsens von namhaften Wissenschaftlern wie bspw. Judith A. Curry bestritten. Frau Curry ging u.a. mit folgender Begründung in den Ruhestand:“A deciding factor was that I no longer know what to say to students and postdocs … Research and other professional activities are professionally rewarded only if they are channeled in certain directions approved by a politicized academic establishment …“. https://judithcurry.com/2017/01/03/jc-in-transition/

        Die Welt wird grüner, die Sahara ist bspw. um 8 % geschrumpft, wir leben in einer Phase ohne große klimatische Umwälzungen. Die Magier dazu: «Es wird besser, weil es schlimmer wird!» https://www.downtoearth.org.in/news/climate-change/earth-getting-greener-nasa-s-new-maps-confirm-69361

        Es reicht schon ein Wintereinbruch im Winter oder Hitze im Hochsommer, damit die instrumentalisierten FFF-Flagellanten durch die Straßen ziehen und die Milieu-Medien das Ende der Welt verkünden. Im 21. Jahrhundert herrscht ein Fundamentalismus, ein Endzeitglaube, der alles bisherige in den Schatten stellt.

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        • Libkon
          1. März, 2021

          Guter und wirklich schlüssiger Kommentar, insbesondere für Leute, die weiterhin an einen „menschengemachten“ Klimawandel GLAUBEN (im Gegensatz zum von Menschen tatsächlich erfundenen „Hockey-Stick“ von Michael Mann. Man kann sich alternativ auch dazu Prof. Dr. Tim Ball, der Dr. Mann gerichtlich herausforderte bezüglich des Hockey-Sticks, also einen erfahrenen und anerkannten kanadischen Klimatologen, befragen und seine Bücher lesen). Man kann sich – besser noch – mit den von Ihnen oben geschilderten Fakten auseinandersetzen und zusätzlich zu Dr. Ball Tatsächliches über unser Klima (Wetter im 30 Jahres-Rhythmus) erfahren.

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          • F. Jungeleit
            2. März, 2021

            „In climate research and modelling we should recognize, that we are dealing with a coupled non-linear chaotic system, and therefore that the long-term prediction of future climate states is not possible.“

            IPCC, https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2018/03/TAR-14.pdf

            Alchemist Rahmstorf meinte zu dieser Aussage, mit leistungsstärkeren Computern kann das Chaos dann berechnet werden. Das Chaos berechnen – ganz großes Kino!

            Ehemalige Mitarbeiter bezeichnen Michael Mann und seinen großen Anhang als fanatisch. Der IPCC hat sein Basteldiagramm dann auch still und leise aus dem IPCC5 entfernt. Bspw. konnten die Klimaokkultisten nicht erklären, warum das gut belegte Römer-Optimum, oder die Klimaveränderungen im vierten bis fünften Jahrhundert, die die Völkerwanderungen auslösten oder die Warmzeit im Mittelalter mit anschließender „Kleinen Eiszeit“ nicht abgebildet werden.

            https://www.scinexx.de/news/geowissen/klima-beeinflusste-europaeische-geschichte/

            Auch warum im Diagramm bspw. die Warmphase mit anschließender Vergletscherung in den Alpen nicht sichtbar ist, obwohl der Rückgang der Gletscher Beweise freilegt, dass dort vorher Weideland mit Viehherden vorhanden waren. Es also damals vor der Vergletscherung wesentlich wärmer war als heute. Das postulierte „Ewige Eis“ ist auch nur ein weiteres Zauberkunststückchen. Die Gletscher selbst sind die Anomalie, nicht deren Rückbildung.

            Zitat. „Koprophile Pilze (Dungpilze) belegen, dass Weideflächen für Viehzucht genutzt wurden. Ein Holzstück, das von der Universität Graz untersucht wurde, gehört zu einer Zirbe mit 200 Jahresringen, die dort vor 7000 Jahren (in der nacheiszeitlichen Wärmephase) wachsen konnte.“

            Lesen, solange es noch bei Wikipedia steht: https://de.wikipedia.org/wiki/Pasterze#Glaziologie

  • W. Hoffmann
    28. Februar, 2021

    Die Argumentationen von Dekonstruktoren und Genderistas sind doch lediglich rhetorisch vorgeschobene Verbalattrappen um von der eigenen Unzulänglichkeit abzulenken und die eigene Lebensuntüchtigkeit zu kaschieren. Faulheit, Neid und Gier kulminieren in monströsen philosophisch-soziologischen Argumentationsfluten um den «Gegner» aus dem Konzept zu bringen. Der, möglicherweise nicht so wortgewandt, resigniert und gibt nach. Das geschieht momentan in den Parlamenten weltweit und führt zum eklatanten Missverhältnis zwischen Vernunft und Ideologie.

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  • Joseph
    28. Februar, 2021

    Dekonstruktivismus. Sehr guter Beitrag, Herr Schmid.

    Aber gibt es denn tatsächlich Leute, die physikalische Gesetzmäßigkeiten für konstruiert und beliebig veränderbar halten? Das macht mich als Ingenieur doch einigermaßen sprachlos.

    Und es erinnert mich an den Film „Inception“, in dem alles durch Gedanken erschaffen und manipuliert werden kann. Allerdings nur in Träumen.

    Viele Grüße

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    • Dieter Gehret
      1. März, 2021

      «Aber gibt es denn…?» Ich denke hier z.B. an die sog. «Energiewende»: Mobilität elektrifizieren zu wollen, und zugleich die zuverlässigen Energiequellen zu tabuisieren und abzuschalten, und sich auf Wind und Sonne zu verlassen.

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  • Polit-Legastheniker
    28. Februar, 2021

    Mit Genuss gelesen!

    Corona:
    Inzidenzwerte:
    50? 35? 10?

    Wie wäre‘s mit -10?
    Schließlich Negativzinsen
    wurden auch erfunden!

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  • Thomas
    28. Februar, 2021

    Im Spannungsfeld von Viren-Kulturrevolution und Räte-Union

    Gratuliere!
    Der Text schnürt ein ganzes Bündel komplizierter Sachverhalte in großartiger Weise auf und legt die Dinge gut verständlich vor alle Augen hin. Gratuliere!

    Vor 25 Jahren führte der New Yorker Physiker Alan Sokal ein Experiment durch: Er dekonstruierte mit einer Fake-Theorie den Dekonstruktivismus – das Lieblingsspielzeug der Linken. Doch der überlebte seine Blamage nicht nur. Er durchdringt heute auch Medien und Politik. Gerade in Corona-Zeiten.

    Leider haben die Herren der Böhmermänner daraus das Falsche gelernt. Es gibt da Leute, die machen sich das „Falsche im Richtigen“ sogar in „jeder juristischen Form zu eigen“ – so sicher sitzt das «Falsche im Richtigen» heute im Sattel.

    Das Problem mit solchen Lehren ist, dass sie falsch sind. Es gibt eine reale Welt; ihre Eigenschaften sind nicht nur soziale Konstruktionen; Fakten und Beweise sind wichtig (facts and evidence do matter).

    Der Dekonstruktivismus der hermeneutischen Sorte geht von einem quasi dialogischen Verhältnis zwischen Text und Interpret aus und stellt eine Sinneinheit (zumindest einen Zusammenhang) her. Im Ergebnis erlangen dann falsche Fakten die Gefilde rationaler Geltungsgründe (Habermas) auf politischen Wegen. Ein Irrweg.

    Wie groß ist die Infektionsgefahr wirklich? Wie hoch das Risiko zu erkranken, zu sterben? Wie verhalten sich diese Risiken zu anderen Lebensrisiken? Wie verteilt sich das Risiko in der Gesellschaft? Welche Alternativen gäbe es zu einem Lockdown? Darauf geben die 50, 35 oder die 10 kaum Antworten. Trotzdem dominieren sie die Politik. Vor allem konstruieren sie eine Genauigkeit und Planbarkeit, die in Wirklichkeit nicht existiert.

    Sehr richtig. Das stimmt. Leider machen Frankfurter Schüler und Institute seit Jahrzehnten das Unmögliche möglich und haben die Hermeneutik Hans-Georg Gadamers zu einem politischen Instrument pervertiert: Es gibt dort kein Richtiges im Falschen (daraus leiten sie ab, daß es auch kein Falsches im Richtigen gibt) – aus diesem Dunstkreis heraus hat Leo Löwenthal das mal freimütig im Büchlein („Mitmachen wollte ich nie“) als Sichtweise ausgeplaudert:

    „Gerade jüngst noch in einem Seminar von mir hat einer meiner begabtesten Studenten unsere Gruppe angegriffen, in dem Sinne, dass wir eigentlich nur eine Mount Olympus Position bezogen hätten. Wir hätten uns völlig vom Marxismus abgetrennt und die Realität aus dem Blick verloren. Ich habe ihm geantwortet, dass er mit dieser Kritik den Sinn der kritischen Theorie verfehle. Wir haben nicht die Praxis verlassen, sondern die Praxis hat uns verlassen.“
    https://de.wikipedia.org/wiki/Mitmachen_wollte_ich_nie
    (ISBN 3-518-11014-4, Seite 78)

    Die Umsetzung seltsamer Gedanken rettet mal wieder Menschen in Grund und Boden. Die Maßnahmen bei einem Virus „made in China“ waren ja schon weit überzogen, wenn nun die englische Variante mit der Zähigkeit einer Elisabeth II. auf den Plan tritt, dann flippen die Verantwortlichen völlig aus. Die Berater sowieso, die scheinen ja bereits seit Jahrzehnten nicht mehr bei Trost zu sein.

    In einer fairen Debatte auf Augenhöhe bräuchte es lediglich einen Fachmann aus der Praxis, um einen gewissen Gehirnsalat anhand von praktischen Beispielen (21. Stock) nach Strich und Faden zu zerlegen. Da nähert man sich allerdings dem wahren Grund für die real existierende „cancel culture“ in den Debatten zu Klima-, Viren- oder politischem Fortschrittsschutz – denn wozu gibt es denn bezüglich öffentlicher Debatten in den Rechtsstaaten geltendes Recht und rechtsstaatliche Gerichte, wenn Sondergerichte nach privatrechtlicher Hermeneutik öffentlichen Rufmord und die Vernichtung von Widerspruch betreiben. Und das mit durchschlagendem Erfolg und irrsinnigen Ergebnissen. Die „cancel-culture“ will an der Justiz vorbei aus Legalität Illegalität machen – im Grunde am Grundgesetz vorbei. Not(verordnungs)falls mit verbündeten Kräften in der Legislative. Das ist gemeingefährlich! Das ist ddr-demokratisch.

    Horkheimer wollte im Alter von Sozialismus und Revolution nichts mehr wissen, er warnte seinen Kollegen Adorno vor Jürgen Habermas und dessen Philosophie, in der dieser „einen Götzen bilde“, der Kritik und kritische Theorie, „wie wir sie meinen“ (!), gründlich verfälscht.
    Adorno kritisierte die (spät)kapitalistische Gesellschaft, stand dem Hang zu blindem Aktionismus und Gewaltbereitschaft in der Studentenbewegung aber mit Befremden und Distanz gegenüber. Die Geister, die Aktivisten im Namen der „Sozialwissenschaft“ rufen durften, wird die „Sozialwissenschaft“ heute nicht mehr los – und spuken als Geister in den Berater- und Beamtengremien der Bundesregierung herum. Das Werk Herbert Marcuses ist im Rahmen der Netiquette sowieso nicht zu beschreiben.

    Heute überzieht der Poststrukturalismus die Medien, die Politik sowie die geistes- und sozialwissenschaftliche Szene als denkerische oder analytische Haltung wie Mehltau. Danke für den Hinweis auf das Beispiel aus dem 21. Stock! Es braucht wohl manchmal ausgewachsene (wirkliche) Physiker, um die Welt zu zeigen, wie sie ist. Arme kleine herumgeschubste Physikerdarsteller/innen sind dazu sicher weniger geeignet.

    Ein Augenöffner. Danke, Herr Schmid!

    Allerdings:
    Sowohl Sokal als auch Bricmont bekennen sich zur politischen Linken und vertreten die Meinung, dass die zunehmende Verbreitung der postmodernen Denkrichtung in der Linken deren Fähigkeit zu wirkungsvoller Gesellschaftskritik schwäche (sagt Wiki);
    die Aussicht auf eine stärkere „Fähigkeit zu wirkungsvoller Gesellschaftskritik“ durch linke und grüne Kräfte in Deutschland ist angesichts des übergeschnappten Links- und Grünrucks in Deutschland bis hinauf zu Kanzlerin und Präsident für das übrig gebliebene Häuflein nichtlinker und nichtgrüner Zeitgenossen in Deutschland aber eben auch keine sehr erfreuliche Alternative.

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  • Edward Krieger
    28. Februar, 2021

    In gewisser Weise hat der Konstruktivismus ja völlig recht: Man kann alles Sprachliche auch dekonstruieren. Alle Denkinhalte sind Abstraktionen und als solches sind sie Realität. Aber alles, auch die «Natur» und «Naturgesetze» sind nicht physisch real. Das hat schon Alfred North Whitehead in seiner unvergleichlichen Kritik am Substanzmaterialismus deutlich gemacht.

    Die Realität ist aber auch, dass diese sprachliche Realität und Konstruktion auch völlig bedeutungslos ist. Außer ein paar Menschen kommen Billiarden Lebewesen seit ewigen Zeiten super ohne zurecht. Auch Menschen, die ein gutes Leben führen wollen, sollten nur einige wenige und unwichtige Dinge einfach mal aus Spaß dekonstruieren. Denn die sprachlogische Beherrschung der Natur ist ja das Bemerkenswerteste überhaupt auf diesem Planeten.

    Auch bei Alfred North Whitehead lernen wir, dass dagegen der Aufbau einer eigenen Metaphysik nach dem «großen Reset» wirklich immer in die Hose geht. Wie schon bei Leibniz oder Marx sind diese Entwürfe immer nur unbrauchbare Kopfgeburten, die pragmatisch-handwerkliche Naturwissenschaft hat sich dagegen seit Jahrhunderten immer eng an die Realität angelehnt. Also keine Sorge, die Realität hat immer den längeren Atem. Die Frage ist nur wie viele Opfer diese Erkenntnis beim nächsten «großen Reset» kostet.

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    • Grand Nix
      1. März, 2021

      Das Dilemma sinnvollen/sinnbefreiten Denkens, sowie sinnvollen/sinnbefreiten Sprachgebrauchs und die sich daraus ergebenden praktischen Konsequenzen, beschrieb Sören Kierkegaard kurz und knackig so:

      Was die Philosophen über die Wirklichkeit sagen, ist oft ebenso irreführend, wie wenn man bei einem Trödler auf einem Schilde liest: Wäschemangel. Würde man mit seiner Wäsche kommen, um sie mangeln zu lassen, so wäre man angeführt (angeschmiert); denn das Schild steht dort nur zum Verkauf.
      Entweder-Oder, 1988, erster Teil, Seite 42

      Statt «Philosoph» kann man auch das Wort Politiker, Journalist, Wissenschaftler einsetzen.

      Was sollte man als geerdeter Mensch tun, in solchen Zeiten abgehobenen realitätsfernen Denkens und Handelns?
      Die berühmte «Leiter» wegstoßen, nachdem man (wie Wittgenstein) mit ihrer Hilfe die «Mauer» erklommen hat? Oder dagegen klug anschreiben, aber kaum gehört werden, wie Herr Schmid?

      Grand Nix

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  • Jürg Rückert
    28. Februar, 2021

    „So“, sagt der Theologe zum Priesteramtskandidaten, „Sie behaupten also, es handele sich hier um eine Hose. Wollen mal sehen.“ Dann trennt er die Nähte auf und am Ende liegen da nur noch Fäden. So geht Dekonstruktion in Priesterseminaren.
    Faschismus, Rassismus, White supremacie usw. gelten heute als die uns alle bedrohenden apokalyptischen Reiter. Jede Übersteigerung sei da immer noch eine gefährliche Verharmlosung …
    Dieser „Autoagressismus“ ist die Endstufe des heutigen Dekonstruktivismus, denn was bleibt nach Asche?

    Hat Herr Schwab bei Mao gelernt? Dieser wollte das Gedächtnis der Chinesen löschen, um es mit seinen Pinselstrichen neu zu beschreiben. Heute würde man von einer neu formatierten Festplatte reden. In meinen Augen sind Leute wie Schwab nur Sprechpuppen der Interessen der wirklich Mächtigen.

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  • Schwer Walter
    28. Februar, 2021

    Lieber Herr Schmid, obwohl Lehrer (Geschichte, Politik, Latein), also im weiteren Sinn der in den Leserbriefen zurecht gescholtenen Gesellschaftswissenschaft zugehörig, stimme ich Ihrem Artikel vollkommen zu. Eine kleine Lanze will ich aber dennoch für sie brechen. In meinem Unterricht (ich bin seit 10 Jahren pensioniert) habe ich die sich spätestens seit Mitte der neunziger Jahre abzeichnende Bildungskatastrophe und die daraus resultierenden Folgen im Unterricht thematisiert. Ich erlaube mir ein Beispiel. Als ich die 68er Bewegung durchgenommen hatte, teilte ich für eine angebliche «Leistungskontrolle» stets ein Arbeitsblatt mit Forderungen, theoretischen Texten zur Begründung derselben sowie «Kampfschriften» und Zeitungsberichte über die «Kampfmaßnahmen» zur Durchsetzung der Ziele aus. Die Fragen lauteten: 1. Welche Ziele haben diese polit. Gruppierung ? 2. Welcher politischen Richtung ordnest du diese Gruppen zu?, 3. Wie beurteilst du die Ziele und die Mittel zur Durchsetzung der Ziele?. Zu den Antworten: 1. Die Ziele wurden mit ganz wenigen Ausnahmen für richtig befunden,2. es handelte sich um die 68er, 3. Über Methoden könne man streiten. Dummerweise stammten in Wirklichkeit alle «Zitate» bzw. Berichte aus der ns-Studentenbewegung 1929 – 1932. Die Schüler waren irritiert, aber wahrscheinlich lernresistent. Irgendwie scheint sich Geschichte vielleicht doch zu wiederholen.

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    • Albert Schultheis
      1. März, 2021

      Lieber Walter, genial! Sie sind mir aber auch ein «Sokal»! Aber wie sonst sollen Schüler lernen? Ich bin trotzdem überzeugt, dass einige Ihrer Schüler Ihr «Experiment» ihr Leben lang nicht vergessen werden – und auf die kommt es an. Der Rest ist Grobzeug.

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      • Walter Schwer
        1. März, 2021

        Lieber Albert, vielen Dank für das Kompliment. Ich könnte Ihnen noch ein paar weitere «Sokalische Experimente» in meinem Unterricht nennen. Und noch eine freudige Nachricht: Sie haben tatsächlich recht mit Ihrer Meinung, es gibt sogar nicht nur «einige», sondern «nicht wenige» Schüler, die diese Art des Lernens verinnerlicht, zumindest aber meine «Experimente» nicht vergessen haben.
        Das Problem heute (also seit etwa 20 Jahren) liegt darin, dass «junge» Kollegen u.a. auf Grund der Altachtundsechziger, welche seit vielen Jahren in Sachen Bildung «die Richtlinien» bestimmen, schon in ihrer Schulzeit, spätestens aber im Referendariat entsprechend «geschult» wurden, sei es aus Überzeugung, Bequemlichkeit, Karrieregedanken oder Furcht, sich dem vorgegebenen schulischen «main stream» anpassen.
        Wenn während meiner Tätigkeit als Lehrer immer wieder einmnal an unserer Schule oder auch außerhalb «Projekte», Protestaktionen oder Demonstrationen unter dem Motto «Widerstand»gegen Faschismus», «gegen eine durch Konzerne verursachte Klimaerwärmung», «gegen Ausländerfeindlichkeit», «gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr», «gegen Aufrüstung», etc. stattfanden, pflegte ich stets im Unterricht zu fragen: «Wer von den Lehrern, von Schülern ganz zu schweigen, würde auf die Straße gehen, wenn unsere Meinungsfreiheit, tatsächlich bedroht wäre (es genügte ein Hinweis auf 1932/1933)?» Natürlich wurde ich dann gefragt, ob ich es täte. Ich antwortete, «wohl kaum». Nur verbiete es sich, wenn Schüler und Lehrer heute für oder gegen was auch immer demonstrieren, das als «Widerstandsrecht» auszugeben, weil sie entweder in Unkenntnis der Geschichte (z.B.1933 – 1945) oder aber aus Selbstherrlichkeit sich dieses anmaßen. In der Regel wurde es dann ruhig im Unterricht. Wenn nicht, erzählte ich den Schülern, dass ein Lehrer unserer Schule 1938 sowohl Hitlergruß, als auch das Mitsingen des Horst Wessel Liedes verweigerte, und was mit ihm und seiner Familie danach geschah. Danach erlaubte ich mir noch die Frager, ob sie, die Schüler unter den gegebenen Umständen Widerstand leisten würden. Damit war das Thema erledigt. Ich will mit all dem, was ich geschrieben habe, demonstrieren, dass unseren Jugendlichen völlige falsche Vorstellungen von der Realität des Lebens vermittelt werden, die geeignet sind, dass sie später an der Realität scheitern.

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  • Materonow
    1. März, 2021

    Die konstruierte Wirklichkeit des aus dem 21. Stockwerk Stürzenden kann nur lauten:

    Auf Höhe 10. Etage denkt der Stürzende hoffnungsvoll:
    Bis jetzt ist es gutgegangen!

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  • Dr. Wolfgang Epple
    1. März, 2021

    Ein überaus scharfsinniger und anregender Text – großer Dank!

    Zur Rettung einiger zutreffenden Ansätze sollte man den diskursethischen Habermas’schen Gedanken der Interessenleitung aller Wissenschaft jedoch nicht ganz verwerfen. Denn es ist ja nicht so, dass Naturwissenschaftler völlig objektiv wären. Streng genommen gibt jede Fragestellung und jeder «Auftrag» Richtung und Ergebnispfad – auch in den vermeintlich wertfreien Disziplinen – vor.
    Gutachten zu allem und jedem, und zunehmend Modellrechnungen – die letzteren inzwischen wesentlicher Teil heutiger Konstruktion und Verwechslung bzw. Vermengung von Realität, Vorhersage und Fiktion – bestimmen das Handeln und begleiten sowohl gutgemeinte Ansätze als auch eklatante Fehlleistungen der Politik.

    Dass allerdings die «Freiheit des Geistes» in letzter Konsequenz bedeutet, auch darin frei zu sein, Unsinn zu kreieren, zu verbreiten, und zu glauben, begleitet das Denken, seit es Denken gibt. Unsinn scheint der dichotom wachsende Ast der wachsenden Vernunft zu sein, möglicherweise ein unentrinnbarer Teil der Conditio humana. Auf diesem Ast gedeiht der Konstruktivismus – und wie es scheint, besser denn je.

    Hans Jonas hat in seiner Vorbetrachtung zu «Prinzip Verantwortung» mit dem Titel «Macht und Ohnmacht der Subjektivität» Grenzen sowohl des extremen Materialismus als auch der Subjektivität aufgezeigt; einer seiner Kernsätze: «Wer der Natur das Absurde andichtet, um sich ihrem Rätsel zu entziehen, hat sich und nicht ihr das Urteil gesprochen.»

    Die aktuelle Wirklichkeit konstruktivistischer Methode: Im Rahmen von «Transgression», «Great Reset» und «Großer Transformation» findet derzeit ein Generalangriff auf die Natur des Menschen statt. Dies betrifft nicht nur Geschlecht und die viel geschmähte Identität stiftende Herkunft, sondern auch seine Naturbürtigkeit; Kostprobe:„(…)Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive ist Landschaft nicht ein objektiver physischer Raum, sondern wird von unterschiedlichen Menschen sehr unterschiedlich konstruiert.» So Prof. Dr. Dr. O. Kühne (Uni Tübingen) in einem „Interview zu Landschaftsbild und Energiewende“ der Initiative „Bürgerdialog Stromnetz“; https://www.buergerdialog-stromnetz.de/wp-content/uploads/2020/05/Interview-mit-Prof.-Olaf-Kuhne-.pdf). Der aktuelle konstruktivistische Angriff wirkt demnach zweifach: Es ist erstens und vorbereitend die altbekannte Leugnung einer durch die Evolution (Hominisation)erprobten – auch ästhetischen, ethischen und ethologischen – übereinstimmenden Grundausstattung des Menschen. Zu dieser Ausstattung gehören im speziellen Falle auch menschliche Habitatpräferenzen, also das Empfinden von Schönheit einer Landschaft (siehe: https://wolfgangepplenaturschutzundethik.de/?page_id=181). Die konstruktivistische Leugnung ermöglicht des Angriffs zweiten Teil: Neben vielem anderem der Wirklichkeit wird auch das Habitat, die Landschaft, zum Beliebigen, zum Konstrukt, zum unbegrenzt Veränderbaren, und damit für Zerstörung freigegeben. Eine gefährliche Anmaßung im Irrtum: Der Konstruktivist verallgemeinert seine Realität verleugnende Sicht und unterstellt sie dem Rest der Menschheit.

    Spannend, ob nicht doch das derzeitige Oktroyieren einer Zeitgeist-verordneten Scheinwirklichkeit, das begleitende «Schreiben neuer Spielregeln», gepaart mit populistischer Angstmache jene Schmerzgrenze überschreiten wird, die noch in jeder Gesellschaft, auch in vorerst saturierten und «zivilisierten», den berühmten Volksaufstand entfesseln kann. Eine «ökologische Bürgerrevolution» wird es vermutlich nicht sein, wie sie sich Klima- und Weltretter vom Zuschnitt Klaus Schwab und Fridays for Future – die Gesellschaft vorsorglich in Gut und Böse spaltend – schon mit Unterstützung von Populär-Wissenschafts-Journalen herbei-fabulieren (z.B.: https://www.spektrum.de/kolumne/auf-dem-weg-zur-oekologischen-buergerrevolution/1646504?utm_medium=newsletter&utm_source=sdw-nl&utm_campaign=sdw-nl-daily&utm_content=kolumne; hierzu: https://www.naturschutz-initiative.de/images/PDF2019/ESSAY-EPPLE-WOLFGANG.pdf).

    Sturz vom 21. Stock – wer zuerst die Ausnahme von seiner Theorie einräumen muss, um sie zu vertreten, kann Glaubwürdigkeit jedenfalls nur schwer beanspruchen, und könnte am Ende hart in der einer Dekonstruktion standhaltenden Wirklichkeit aufschlagen.

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  • Gotlandfahrer
    1. März, 2021

    Wundervolle Analysen wie dieser Artikel hier sind wie das dem keifenden Weibe Hinterherlaufen mit dem ehrlichen Bemühen, ihr ihr eigenes Verhalten erklären zu können. Klappt nie.

    Allein schon folgendes oben zu findende:
    „Dadurch wurde immer deutlicher, dass die physische Realität, nicht weniger als die gesellschaftliche, im Grunde ein soziales und sprachliches Konstrukt ist, dass wissenschaftliche Erkenntnis alles andere als objektiv ist, sondern die herrschenden Ideologien und Machtverhältnisse der Kultur, die sie hervorgebracht hat, widerspiegelt und verschlüsselt.“

    Klar, so reden sie. Das haben Sokal in seinem ironisch-entlarvenden Aufsatz, der Autor des obigen Artikels sowie viele andere gut erkannt. Das ist so wie verzweifelt hinterherzurufen „Schatz, Du sagst ein richtiger Mann verhält sich nicht wie ein richtiger Mann, das ist doch nicht logisch!“.

    Mehr noch, es ist ja noch irrwitziger: Sogar dieses vom Klagenden vorgetragene Argument der Unhintergehbarkeit von Logik und Evidenz, das einerseits nicht anerkannt wird, wird andererseits aufgegriffen und GEGEN den Klagenden gewendet. So ist es gerade der Wirklichkeitscharakter der Physik, der als Zufluchtsort einer Kanzlerin vor Unvernunft gilt, um damit gleichzeitig jede Überprüfung ihres Handels an diesen Kriterien als der Vernunft verloren gegangen zu bezeichnen.

    Wir sehen: Die „French Theory“ beansprucht gar nicht, Theorie zu sein. Sie benutzt gewisse Worte, weil sie es kann und sich für ihre Vertreter damit Vorteile erzielen lassen. Weil es den Listigen nutzt und den Naiven Grund gibt, sie zu unterstützen. Es ist geistige Hütchenspielerei, im Privaten nichts als hinterfotzig, im staatsrechtlichen Sinne kategorisch bislang zwar unerfasst, aber vom Ergebnis her ein Menschheitsverbrechen. Nicht weniger. Denn Dekonstruktivismus spielt mit dem Gedanken, Herrschaft nicht anzuerkennen. Gut, das ist als Herausforderungs- und Mobilisierungsspielchen durchaus erstmal von gesellschaftlichem Wert. Wenn dies aber von der Herrschaft selbst als Knechtschaftsprinzip eingesetzt wird, handelt es sich um eine Herrschaft, die noch dabei ist, die vorgeblich vorhandene abzuwickeln, aber ohne dies kenntlich zu machen. Vernebelt und verlogen. Heimliche Kaperung. Womit sich diese Machtübernahme von allen historischen Machtwechseln fundamental unterscheidet, denn selbst im Zuge der „Befreiung“ 45 war auch dem Letzten klar, wo danach der Hammer hängt.

    Das immerhin lässt hoffen, dass da noch was geht, denn sonst hätten sie es nicht mehr nötig. Man könnte sagen: Erst wenn der letzte weiße Mann in Ketten liegt, macht der Dekonstruktivismus nicht mal mehr für schwarze Frauen Sinn. Ob man sie dann noch KiKa moderieren lässt, ist eine andere Frage.

    Zu den listigen Nutznießern hier kein Wort. Nur noch zu den Naiven: Am Anfang haben sie es ohne ernsthafte innere Erregung nachgeplappert, weil‘s nicht wehtat, sondern sogar hier und da was abwarf. Mittlerweile ist hier niemand mehr ohne innere Erregung, erst recht nicht die Naiven, die spüren, dass irgendwas falsch läuft. Mittlerweile kreischen sie ihre Parolen. Aus meiner Sicht ein Schrei nach Hilfe. Wir verweigern sie ihnen, weil wir zu feige sind, sie mittels – gedanklicher, nur gedanklicher natürlich – Ohrfeigen aus ihrem Alptraum zu befreien. Insoweit sind wir selbst schon von dieser französischen Lügentheorie vereinnahmt, weil wir befürchten, sie durch einen solchen Akt zu bestätigen. Dies ist das Teuflische an ihr. Andererseits zwingt diese Lüge uns, ehrlich zu werden, denn Leben heißt Gewalt. Wenn wir leben wollen, müssen wir Gewalt anwenden (für den VS: Ruhig, bereits das „Einschlagen“ des Rechtsweges ist ja Gewalt). Eigentlich kreischen die Naiven, die Schwachen, uns an: «Wenn Du nicht Gewalt anwendest, bist Du zu feige für’s Leben. An wen soll ich mich als Schwacher dann aber eigentlich noch halten?»

    Die French Theory ist am Anfang das Anästhetikum der Listigen für die Naiven, das zum Aufputschmittel der Starken mittels Wahnsinnigmachen durch die Naiven wird. Steh wieder auf! Sagen ihre schwachen Seelen unter der bröckelnden Maske eigener Zuversicht.

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  • Werner Bläser
    1. März, 2021

    Der Artikel ist wissenschaftsgeschichtlich in puncto Konstruktivismus und Dekonstruktivismus ein wenig ungenau, aber stimmt m.E. in der Tendenz. Der Konstruktivismus wird von seinen Erfindern, zu denen John Searle, Paul Watzlawick, Thomas Luckmann und Peter Berger zählen (beim inzwischen verstorbenen Luckmann habe ich noch kurz studiert) sogar letztlich auf Platons Höhlengleichnis zurückgeführt.
    Wenn wir uns die irrwitzigen Übertreibungen und sogar Verballhornungen des Konstruktivismus ansehen, sollten wir nicht vergessen, dass die ursprüngliche Theorie, wie sie z.B. in Bergers und Luckmanns Buch «The Social Construction of Reality» dargestellt wurde, sehr fruchtbar war.
    Ein deutschstämmiger Politologieprofessor, ausgerechnet mit dem Namen Alexander Wendt (heute an der Ohio State Univ.), also wie unser Blog-Betreiber, hat die Theorie dann auf das Gebiet der Internationalen Politik übertragen.
    Das, was heute als «Konstruktivismus» so durch die Unis geistert, hat aber mit dem ursprünglichen Konzept sehr wenig zu tun. Es ist – man kann sich das so vorstellen – als ob Heideggers Philosophie in die Hände eines geistig Behinderten gefallen wäre, der sich einen Talar übergezogen hat und sie jetzt einem grösseren Publikum in bis zur Lächerlichkeit entstellter und missverstandener Form vorträgt.
    Searle hat betont, dass er seine Thesen strikt auf den sozialen Bereich beschränken möchte, Watzlawick entwickelte seine Thesen als Psychiater an Schizophrenen, und beschrieb damit vorwiegend soziale Kommunikation.
    Peter Berger und Thomas Luckmann haben sich öffentlich gegen die absurden Übertreibungen ihrer Theorie ausgesprochen (Peter Berger auf Youtube, «Peter Berger on the social construction of reality», und Luckmann besonders vehement, ebenfalls auf YT, «50th anniversary social construction Thomas Luckmann»).
    Der Soziologe Christoph Weller fühlte sich schon vor 20 Jahren bemüssigt, Wendts Konstruktivismus eine Art «Warnhinweis» anzuheften:
    «Realisten werden hin und wieder in den Glauben versetzt, im Konstruktivismus würde… jede Realität aufgelöst und alle Erkenntnis wäre fortan beliebig. Diese Sorge lässt sich zerstreuen, denn es gibt keine konstruktivistische Position, die behaupten würde, Konstruktionen seien beliebig…» ( in: ‘WeltTrends’ 41, 2003/2004). Ob dies jetzt noch zutrifft, weiss ich nicht.
    Interessant ist, dass der Politologe Wendt seinen Schwerpunkt auf die Möglichkeit internationaler Zusammenarbeit in Zusammenschlüssen wie der EU legt, und dabei Klassiker wie Hobbes und Machiavelli («Realisten») kritisiert. Manchmal kommt es mir so vor, als hätte Merkel in ihrem EU-Fetischismus Wendt gelesen und wollte ihn beherzigen.
    Gegen Derrida gibt es meinem allerdings hier wenig qualifizierten Eindruck nach wenig zu sagen, auch dies scheint mir ein fruchtbarer Ansatz.
    DAS PROBLEM IST EIN ANDERES:
    WENN SOLCHE HOCHKOMPLIZIERTEN THEORIEN IN DIE HÄNDE VON TROTTELN GERATEN, DIE DAMIT IHR POLITISCHES SÜPPCHEN KOCHEN WOLLEN, DANN KANN ES ÜBEL WERDEN.
    Fällt es denn nicht auf, dass grundsätzlich nur Begriffe «dekonstruiert» werden, die Linken nicht in den Kram bei ihren tolpatschigen Gesellschaftsveränderungsspielen passen? Welche genuin linken Begriffe stehen denn unter Dekonstruktionsbeschuss? Mir fällt keiner ein.
    Das ganze wird von Leuten vorgetragen, die früher an einer Uni. nicht einmal als Putzkraft eingestellt worden wären, sich heute aber mit Professorentiteln schmücken dürfen.
    Der Zweck der Chose ist doch offensichtlich: Hier soll revolutionäre Gesellschaftspolitik mit dem Mittel der wissenschaftlichen Verbrämung von allerlei Unfug durchgesetzt werden.
    Erinnern wir uns doch: Auch der Marxismus hielt sich ja für «wissenschaftlich». Bis er mit der unbezweifelbaren, nicht dekonstruierbaren ökonomischen Realität kollidierte.

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  • Rudi
    1. März, 2021

    Zitat: «Ein anderer Beitrag bestand in einer feministischen Umschreibung von Hitlers „Mein Kampf“, bei der die Autoren das Wort ‚Juden’ durch ‚Männer’ ersetzten.»

    Mich würde es interessieren, ob diese «Studie» von einer Fachzeitschrift angenommen wurde. Obwohl dies sogar denkbar ist. Denn das neue Feindbild sind ja «alte weiße Männer». In seiner Satire «Mein Kamm» schrieb Ephraim Kishon von einer politischen Bewegung, die Menschen mit Glatze als Ursache aller Probleme der Menschheit ansieht. Wenn man von der Hautfarbe absieht, sind das auf jeden Fall ältere Männer (die rechtsextremen «Glatzen» gab es vor 50 Jahren noch nicht).

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  • Jochen Schmidt
    2. März, 2021

    Ich finde diesen Artikel nicht so gelungen. Um hier nur zwei Aspekte herauszugreifen:

    1. Der Autor übersieht – thematisiert jedenfalls nicht – die Halbherzigkeit, die Inkonsequenz des (De)Konstruktivismus im intellektuellen Milieu: Wenn es bspw. um den Unterschied zwischen Männern und Frauen geht, wenn es um den Unterschied zwischen Schwarzen und Weißen geht, dann sind diese Unterschiede natürlich alle nur «sozial konstruiert». Wenn es aber z. B. darum geht, dass Männer Täter sind und Frauen Opfer – Männer sind immer Täter, immer, und Frauen sind immer Opfer, immerzu, und zwar die Opfer von Männern -, dann sind derartige Zusammenhänge plötzlich nicht mehr sozial konstruiert, sie können auch nicht dekonstruiert werden, sondern sie beruhen auf reiner Natur, nämlich der Biologie der Geschlechter, diese Zusammenhänge sind nicht etwa relativ oder variabel, sondern unumstößlich für immer und ewig.

    Der (De)Konstruktivismus im intellektuellen Milieu kommt immer dann, wenn diese Leute ihn gerne hätten, und er verschwindet, sobald diese Leute etwas anderes gerne hätten, z. B. ein Opfer-Abo. Es handelt sich um reine Beliebigkeit, die sich nach konkreten Interessen in konkreten Situationen richtet.

    1. Der Autor scheint zu übersehen, dass die gegenwärtige Corona-Krise all die französischen Theorien, nicht nur den (De)Konstruktivismus, bestätigt und nicht etwa in Frage stellt.

    Nehmen wir folgenden Vergleich: Ist mein Pullover zerrissen? Wenn ich das wissen will, kann ich einfach nachsehen. Ich kann auch nachsehen, ob ich noch Käse im Kühlschrank habe, oder welche Farbe mein Auto hat. Dagegen: Hat meine Oma COVID-19? Hier kann nicht einfach nachsehen. Ich kann sie auch nicht fragen. Um diese Frage zu entscheiden, benötige ich einen medizinischen Test. Aber was für einen Test? Tests gibt es alle möglichen, und man kann Tests auf ganz verschiedene Weise aufbauen und durchführen (z. B. das jeweilige Ergebnis nur dann anerkennen, wenn es sich zwei weitere Male replizieren lässt).

    Und genau hier beginnt die Konstruktion! Wissenschaftler müssen nun einen geeigneten Test für eine neuartige Krankheit entwickeln. Das ist für sich genommen nichts Schlechtes, beinhaltet aber die Möglichkeit, dass dieser Test so entwickelt wird, dass nun weltweit Millionen von Menschen mit der gefährlichen Krankheit COVID-19 infiziert sind, obwohl sie keine oder nur geringfügige Krankheits-Symptome aufweisen (laut Angaben der WHO haben 81% der mit COVID-19 infizierten Menschen keine oder nur geringfügige Krankheits-Symptome, WHO reference number: WHO/2019-nCoV/clinical/2020.4). Mit einem derartig weit gefassten Test erhalten wir eine riesige Menge von kranken Menschen, obwohl die meisten von ihnen nicht ernstlich krank sind.

    Und weiter geht es mit der Konstruktion: Wenn wir dank diesem neuen Test so unglaublich viele Menschen haben, die mit COVID-19 infiziert sind – ganz gleichgültig, ob sie ernsthaft krank sind oder vielleicht gar keine Symptome aufweisen -, dann müssen wir drastische Maßnahmen ergreifen, um diese Krankheit zu bekämpfen, und dabei ist der Schutz der Gesundheit wichtiger als die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte und auch wichtiger als alle Kollateralschäden, welche die ergriffenen Maßnahmen herbeiführen. Usw. usf. Ich denke, jeder Leser kann selbst analysieren, wie in der gegenwärtigen Corona-Krise alles, aber auch wirklich alles Konstruktion ist. Siehe z. B. die sogen. «Wirksamkeit» der neu entwickelten Impfungen …

    Das für mich verblüffende Ergebnis: Die französischen Theorien, vor allem jene von Foucault, aber auch jene von Latour, werden durch die Corona-Krise nicht etwa in Frage gestellt, sondern bestätigt. Es geht nicht um Krankheit, es geht nicht um Leben oder Tod – stattdessen geht es um inszenierte Diskurse und letztlich geht es um Macht. Für die Politiker geht es um die Kontrolle («Disziplinierung») der Bürger, für viele Wissenschaftler, z. B. Virologen, geht es einfach darum, mittels Schreckens-Szenarien ihre eigene Karriere zu organisieren. Wahrheit spielt dabei keine Rolle (siehe z. B. Latour, Bruno und Steve Woolgar (1986): Laboratory Life: The Construction of Scientific Facts. Princeton University Press). Auch nicht bei der Pharma-Industrie: Bei der geht es schlicht ums Marketing. Kurz: die ganze Corona-Krise ist nichts als ein soziales Konstrukt. So weit, so französisch, so post-modern.

    Ja, dies wären also zwei Aspekte, die ich in dem obigen Artikel vermisse.

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Original: Die Abschaffung der Wirklichkeit – und die Fallhöhe aus der 21. Etage

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