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Politik, Gesellschaft & Übergänge

Für offene Scherzgrenzen

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Darf man Witze über Minderheiten machen? Jederzeit. Die meisten können es nur nicht. Politiker im Karneval schon gar nicht

Von Alexander Wendt / / politik-gesellschaft / 21 min Lesezeit

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Treffen sich eine CDU-Chefin und eine Bundesjustizministerin beim Karneval. Tusch. Eine Pointe gibt’s nicht, tätä. Wär auch noch schöner.

Von der Karnevalsaison 2019 bleibt eine Flammenschrift an der Wand, künftigen Politikergeschlechtern jeder Nummerierung zur Mahnung: #Narrengate. So heißt das nämlich, wenn konkurrierende Politiker und das Berliner Kommentariat Annegret Kramp-Karrenbauer vorwerfen, vor dem Stockacher Narrengericht einen Witz über Intersexuelle gemacht zu haben, also über eine Minderheit.

Die Sache landete nicht nur in vielen Zeitungen, sondern sogar in der nächsten Gerichtsinstanz,

drohender Atomkrieg zwischen Indien und Pakistan hin oder her. Der Hochkomiker unter den deutschen Landespolitikern, Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller, rügte die Haltung hinter Kramp-Karrenbauers Witz, oder vielmehr, die fehlende Haltung. Karrenbauers Delikt hörte sich so an:

„Wer war denn von euch vor kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die Latte-Macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen. Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder noch sitzen müssen. Dafür, dazwischen, ist diese Toilette.“

Berlins Bürgermeister und andere machten sich einer Fakenewsverbreitung schuldig. Denn Karrenbauer hatte in Stockach nicht nur keinen Witz über Intersexuellentoiletten erzählt, sondern überhaupt keinen Witz. Die Pointen in ihrer Rede hätte selbst Oliver Welke noch zehnmal umschreiben müssen, bevor sie im Papierkorb gelandet wären. Das war allerdings noch gar nichts gegen den Auftritt von Justizministerin Katarina Barley, die als Freiheitsstatue verkleidet in die Bütt kam, um zu erzählen, sie sei gerade aus den USA emigriert, selbstredend wegen Trump, der eine Mauer bauen möchte, statt sich an Ronald Reagan ein Beispiel zu nehmen, der bekanntlich unter dem Jubel aller progressiven Kräfte Deutschlands in Berlin tear down this wall gerufen hatte. Erst, so Barley, habe sie erwogen, nach Frankreich zu emigrieren, weil, „Macron steht ja auf ältere Semester“, tätä, aber sie sei wegen der schlimmen Gelbwesten dort auf Asylsuche ins eigentliche Mutterland der Freiheit abgeschwenkt, nach Deutschland. Was wiederum nicht als Pointe gemeint war.

Als Highlights der närrischen Saison 2019 im Land der Freien und Legeren bleiben uns also: erstens der matte Versuch des Komikers Bernd Stelter, in der WDR-Karnevalssendung einen Scherz über Frauen mit Doppelnamen zu reißen, worauf eine Frau namens Gabriele Möller-Hasenbeck die Bühne erklomm und ihm sagte, so etwas ginge im 21. Jahrhundert gar nicht (worauf wiederum die WDR-Oberen sich tagelang fragten: Wolln mer rausschneide? Oder doch nicht?). Zweitens die Witzhaubitzen Kramp-Karrenbauer und Barley, und drittens die dringende Empfehlung eines Hamburger Kindergartens, die Kleinen auf keinen Fall im Indianerkostüm zum Fasching zu schicken, das sei diskriminierend, weil kulturelle Aneignung.

Der Witz, das wusste der Königsberger Komiktheoretiker Immanuel Kant, entsteht „aus der plötzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung in nichts“ (Kritik der Urteilskraft, Kapitel 64). Wenn Politiker auf die Karnevalsbühne treten, dann fehlt schon die gespannte Erwartung. Denn Faschingsreden von Parteivorsitzenden mit oder ohne Doppelnamen entstehen im Ausschlussverfahren. Ein Witz über Merkel? Die Frau eignet sich dafür wie Schuhcreme zum Fensterputzen. Ein Jokus über grüne Tugendbürger, die katharinaschulzegleich tonnenweise Kerosin verjubeln, aber im Flugzeug die Stewardess fragen, ob der Kaffee fair gehandelt ist? Bloß nicht, die Leute will die CDU ja als Wähler. Karrenbauer hätte auch die Sache mit der kulturellen Aneignung als Vorlage nehmen können für einen Scherz über Claudia Roth: Ist es eigentlich korrekt, wenn man gar nicht beim Zirkus arbeitet, aber trotzdem Roncalli-Zelte anzieht?

Nee – das beleidigt den kommenden Koalitionspartner. Witze leben vom Klischee, und bei Karrenbauer stimmte schon das nicht. Intersexuelle sind keine Männer, die sich nicht entscheiden können, ob sie beim Pinkeln sitzen oder stehen sollen. Das – also letzteres – sind die CDU-Parteirebellen um Friedrich Merz.

Obwohl Kramp-Karrenbauer also gar keinen Witz gemacht hatte, mahnte eine Journalistin namens Anna Sauerbrey (kein Namenswitz) im deutschen Esprit-Zentralorgan „Tagesspiegel“: „Auch im Karneval muss die Würde des Einzelnen geschützt werden. Oder besser: gerade im Karneval und gerade gegen das Schenkelklopfen im Alkoholdunst, gegen chauvinistische Reflexe von angeschickerten Trinkbrüdern- und Schwestern, gegen ihren verqueren Humor und ihre Herabsetzungsgelüste.“

Wahrscheinlich ging Barley bei Sauerbrey gerade noch so durch, bis auf das alterssexistische Herabsetzungsgelüst gegenüber Mme Macron.

Zurück zur Ausgangsfrage: Darf man Scherze über Minderheiten machen? Jederzeit, sofern man kann, denn alles andere wäre echte Diskriminierung. Der Witz lebt vom Klischee, und das gedeiht in Enklaven am besten, überhaupt zielen die meisten Witze auf Exoten, also Ostfriesen, Polen, Mantafahrer und, aus Frankfurter Sicht, auf Offenbacher. Die besten Witze machen Angehörige diverser Minderheiten sowieso selbst, allen voran die Juden.

Kommt Schnorrer Moische Goldmann zum Millionär Brodsky: „Ich hab Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen, bei dem Sie 50 000 Rubel verdienen.“

„Hübsche Summe. Worum handelt’s sich?“

„Ich hab gehört, Sie bieten dem Bräutigam Ihrer Tochter hunderttausend Rubel Mitgift. Ich nehm’ sie für die Hälfte.“

Eine Transsexuelle erzählte dem Autor dieser Zeilen einmal einen Witz, der auf dem nicht unwahren Klischee beruht, dass Transsexuelle maliziös sind: „Was passiert, wenn eine Transe in ein Haifischbecken fällt?

Die Haie kriegen eine Identitätskrise.“

Die allerbesten Humorblüten über Schwule zeichnete und schrieb der Kölner Autor Ralf König, der in seinem mehrbändigen Konrad-und-Paul-Werk sämtliche Klischees seines Milieus verarbeitet, und das auch noch massenkompatibel wie Wilhelm Busch: Von König stammt die Vorlage zu dem Film „Der bewegte Mann“.

Die weltweit komischsten Behindertenwitze stammten von John Callahan, einem leider mittlerweile verstorbenen amerikanischen Cartoonisten mit gelähmten Beinen und Armen, dem der Regisseur Gus Van Sant vor kurzem ein Biopic widmete, „Don’t worry, he won’t go far on foot“ (In einem Callahan-Cartoon sagt das ein Cowboy zum anderen, als sie in der Wüste einen verlassenen Rollstuhl sehen). Einer der berühmtesten Callahan-Cartoons ist übrigens dieser:

In dem Van-Sant-Film wird auch gezeigt, wie das mit dem Zeichnen klappte .

Auch die boshaftesten Oneliner über Frauen (gut, keine Minderheit, aber ein klischeegesättigtes Ziel, genau so wie Männer) stammen von Frauen. „Für eine Spitzenposition musste man früher als Frau die Vagina noch benutzen. Heute genügt es, eine zu haben. Das ist entwürdigend» (Lisa Eckhart). Oder Bette Midler über eine echte Minderheit, nämlich Princess Anne: „Es ist bewundernswert, wie sich Princess Anne für die Natur einsetzt – wenn man bedenkt, was die ihr angetan hat.“

Eigentlich existieren nur zwei Minderheiten, die aus Prinzip keine Witze über sich selbst machen, genau genommen, überhaupt keine Witze, und die auch deshalb als Wahlverwandte durchgehen: regressive Linke und Muslime*. Beide bleiben nur halbwegs erträglich, solange sie keine Macht haben. Deshalb muss alles getan werden, damit dieser Zustand so bleibt beziehungsweise wiederhergestellt wird.

Sollten sich Anna Sauerbrey, Margarete Stokowski und Aiman Mazyek einmal zum Lachen in den Atombunker begeben, dann wäre es das beste, wenn jemand von außen abschließt und den Schlüssel wegwirft.

Würde das einmal klappen, dann könnte unsereiner einen Piccolo öffnen und sich im beginnenden Alkoholdunst auf die Schenkel klopfen.

Helau!

* Eine Ausnahme gibt es, die der Autor kennt: Sulaiman Wilms, Chefredakteur der „Islamischen Zeitung“. Von ihm stammt der Oneliner: „Wie lange dauert eigentlich Ramadan? Fast’n Monat.“ Aber Wilms, das muss bedacht werden, ist Konvertit.

22 Kommentare
  • Klaus D. Mueller
    7. März, 2019

    Auch der so ehrliche wie mutige Harry Rowohlt berichtete zu Lebzeiten:

    DIE ZEIT: Wie lange wird es noch dauern, bis es wieder guten deutschen Humor gibt?
    Harry: Bis die ganzen russischen Juden, die jetzt in Berlin sitzen, Deutsch können.
    (Interview zu Harrys 60sten Geburtstag)
    &
    «Mohammed hatte keinen Kühlschrank, er hatte Schiss vor Weibern, und nach zwei Glas Bier war er besoffen. Da hast du den ganzen Islam.» …zitiert Harry einen Türken, und das sogar zweimal in seinen Büchern, zuerst 1988 in «Pooh’s Corner», Haffmans), dann nochmal 2005 («Briefe», Kein & Aber).
    &
    Wenn Politiker wiklich gut wären, wären sie nicht Politiker geworden. Dann wären sie in die freie Wirtschaft gegangen und hätten sich welche gekauft. (Harry R., 1990)

    Und, auch trefflich:
    «…und nur die Presse zeigt, wie dumm nur die Presse sein kann.» (Harry R.)

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  • Fantomas
    7. März, 2019

    Ich habe diesen Schwachsinn um diese Karnevalsgaudi gar nicht weiter verfolgt. Bin jetzt nur irritiert darüber, dass der Grüne Habeck eine Entschuldigung von AKK forderte, was diese natürlich nicht machte, sondern noch mal kräftig ausschenkte. Was wird dann aber aus der neuen Liebe zwischen RoHa, KGE und AKK ? Ein Kommentator sagte heute im Radio dazu, AKK sei ja sehr «geschmeidig», was wohl heißt, dass diese Sache dem schwarz-grünen Projekt keinen Abbruch tut. Na, dann wäre ja alles gut. Ich hatte schon Angst, unser Land müsste darunter leiden.

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  • Georg Reuter
    7. März, 2019

    Die fiesesten Schwulenwitze haben tatsächlich immer wir Schwulen erzählt, also früher zumindest. Überhaupt waren Schwule früher immer für ihren beissenden Humor berüchtigt. Die nachrückende Generation ist ja nicht mehr schwul, sondern „queer“ und ergeht sich in dem, was ein Kommentator in der Welt Online neulich als „verpudelter Randgruppenfirlefanz“ bezeichnete. Ich denke er meinte den intersektionalen Queerfeminismus, jedenfalls finde ich den Ausdruck treffend.

    Bette Midler, ja, die war mal The Divine Miss M. , und göttlich boshaft. Nicht umsonst hat sie ihre Karriere vor schwulem Publikum begonnen. Witze über Schwule, Frauen, Titten, Pussies, Behinderte, nichts war ihr heilig. Heute tut sie päpstlicher als der Papst.

    Frau Kramp-Karrenbauer hat bei mir doch glatt einen Sympathiepunkt ergattert, als sie nicht zurückruderte. Dahinter steckt natürlich auch ein gewisses Kalkül, denn Empörte würden sowieso nie CDU wählen, und vielleicht kann sie damit ein paar Konservative locken.

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  • PI$$LAM
    7. März, 2019

    Der Unterscheid zwischen Merkel und AKK ?
    Merkel nimmt jeder die la vache qui ri ab. AKK keine Sau.

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  • Wolf Köbele
    7. März, 2019

    Mal Ahmed Hamdi Tanpinar lesen! Und es gab (?) auch noch den türkischen Eulenspiegel Karagöz. Ob Araber ähnliche Humoristen vorzuweisen haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Solange aber das Lachen zum Menschsein gehört, werden auch die Mohamedaner, Indianer, Neger, Bleichgesichter-Langnasen und die Gelben amüsieren. Der Witz ist freilich derart unterschiedlich, daß wir (weiß-männlich-dunkeldeutsch) die Witze anderer nicht lustig finden. Ich finde vieles im englischen Witz (Fäkales, Sexuelles oder auch – s. Monthy Python – makaber Grausames nicht lustig, während mir noch kein jüdischer/jiddischer Witz erzählt wurde, bei dem ich das Lachen hätte unterdrücken können. Individuelles Problem?

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  • Klein Mike
    7. März, 2019

    Super Artikel. Das gibt mindestens 5 Sterne…….
    Bitte so weitermachen.

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  • Robert Hagen
    8. März, 2019

    Klasse!

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  • Johann_Thomas Trattner
    8. März, 2019

    Deutsches Sprichwort: Wo man singt und lacht, da lass dich nieder. Böse Menschen haben keine Lieder.

    Wie wahr.

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  • adlatus d.
    8. März, 2019

    Ich bin erschüttert und entsetzt, wie hier über beschädigte Minderheiten hergezogen wird: CDU- und SPD-Frauen (inkl. Müller), Doppelnamenbespaßte, Karnevalisten – oder waren die schon erwähnt? – und das immer vertrauenswürdige TV von Tagesschau bis Heute Show mit verlassenem Seehundbaby in der anderen Show …
    Es sollte doch im Äon der Inklusion jedweder/m Herausgeforderten (oder Heraus*fordernden) sich selbst verbieten, zweifelhafte Scherze über berechtigte/berechtigende Anliegen zu machen. Die können sich ja durch Benachteiligung nicht wehren.

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  • Dirk Neidhardt
    8. März, 2019

    Wir werden wohl Zeugen der Entstehung der Begrifflichkeit «entarteter Witz»?

    Wer keine Witze verträgt, so geschmachlos oder «diskriminierend» man sie auch finden könnte, ist ein ganz armes Würstchen.

    Man darf einen Witz höchstens nicht lustig finden. Sonst nichts!

    «Was halten Sie von Frauenfußball?»
    «Ich mag beides!»

    Guten Tag!

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    • Klaus
      8. März, 2019

      Schon Robert Gernhardt (angefeindet u.a. weg. «frauenfeindl….», na Sie wissen schon) wies ca. 1980 darauf hin, dass ein Witz nicht dies, nicht das sein soll; sondern nur eins darf er auf keinen Fall: nicht witzig sein.

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  • B.Rilling
    8. März, 2019

    Diese Saison erinnerte mich fast wieder an die Faschingsparties zu DDR-Zeiten. Um Spaß zu haben, muss man ihn verstehen und selbstreflektiert sein. Das geht heute anscheinend einem Großteil der Einwohner ab. Da wird richtig heftig auf den «richtigen» Bösen eingedroschen (siehe Motivwagen in Mainz und Düsseldorf), aber wehe, es trifft die Damen mit den Doppelnamen. Das geht ja nun gar nicht! Ich konnte übrigens in den neunziger Jahren herzhaft über gute Ossi-Witze lachen, die damals massenweise kursierten. Und eine damalige Kollegin und ich hatten ein Ritual: Immer, wenn ich zweimal im Jahr, aus dem beschaulichen Hessen zum Besuch der Lieben in Richtung Osten aufgebrochen bin, dann fragte sie mich zum Abschied, ob sie mir ein paar Bananen mitgeben solle. Wir haben uns beide wieder und wieder drüber schlapp gelacht. Das war auch übrigens kein boshafter Scherz, sondern ein liebenswertes auf die Schippe nehmen ihrerseits.
    Auch so ist das menschliche Miteinander viel angenehmer. Heute friert es mich stellenweise sehr, wenn ich vieles hier beobachte.

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  • Dreggsagg
    8. März, 2019

    Deutschland ein politkorrektes Narrenschiff!

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  • Stephan
    8. März, 2019

    In meiner Jugendzeit gab es einen Zweistufenhumor. Einerseits Kabarett zwischen „Düsseldorfer Kommödchen“ und „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“, andererseits ein Bierschwemmenhumor, der von Gestalten wie Fips Asmussen und Herbert Hiesel bedient wurde. Diese Unterscheidung ist heute nur noch schwer zu treffen – der offiziöse Staatswitz ist auf den Rummelplatz gekommen und wird zugegebenermaßen von einer Barley fast schon professionell vertreten. Und: was ist schon eine Karnevalssitzung gegen eine Rede von Frau Merkel ?

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  • Dr. habil. W. Manuel Schröter
    8. März, 2019

    Abgesehen davon, dass diese Aschermittwochspolitikerredenwitzchen meistens nur mehr als dünnes Bier Alkoholdunst über wiehernden (überwiegend männlichen, nicht wahr?!) Stammtischen verbreiten: Ist es nicht eigentlich peinlich, was «unsere» «führenden» «Politiker» bei dieser Gelegenheit abziehen? Oder vielmehr: Nicht peinlich, sondern erschreckend dumm, populistisch (??) und insofern auch noch solche Art Unterhaltungssendung für «dummes Volk» entlarvend? Letzteres nicht nur durch eigene Äußerungen sondern dann vor allem jene entlarvend, die sich alsbald aufmachen, «Kritik» zu üben, von wegen «Diskriminierung von Minderheiten»: Man hat heute sowieso manchmal den Eindruck, dass die Gesamtheit der Minderheiten mehr als 100% allen Volks in diesem «unseren Staate» sein müsse!! Übrigens habe ich nichts gegen «Minderheiten»; wieso auch, wir alle sind Menschen. Aber jeweils so zu tun, als müsse man, will man überhaupt wahrgenommen werden, unbedingt einer «Minderheit» angehören, geht zu weit. Zu dem kommt, dass manche Minderheiten sich als Personen gegenseitig protegieren, so dass der Eindruck entsteht, es gäbe nur sie in vielen Bereichen. Letztlich wird es noch so, dass man als «Mehrheit» zur «Minderheit» (was Meinungsäußerungen und Einfluss, nicht nur politisch, anlangt) herabgestuft (darf man das so sagen?) wird.

    Ich bin wieder einmal dankbar für Ihren Artikel, Herr Wendt (Bin ich eigentlich fast immer!)!
    Wo landen wir, wenn es so weitergeht?

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  • Albert Schultheis
    8. März, 2019

    Herzlichen Dank, Herr Wendt, für den köstlichen karnevalistischen Abgesang. Nach Aschermittwoch war immer schon vor der Fassenacht! Und die besten Witze schreibt immer noch das Leben und darin sind uns die Linken und Grünen eine einzige Freude – wenn auch sonst eher nicht. Wie pädagogisch wertvoll und tschendermäßig einwandfrei Mainzer Fassenacht bei dieser Spezies ausfällt, kann man bei de Dreggsägg in Mainz erfahren, dagegen war die ehemalige Ostberliner «Distel» urkomisch und rückhaltlos kritisch.

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  • Peter Müller
    8. März, 2019

    Deutschland gleicht in diesen Zeiten sowieso einem Narrenschiff (manche sagen auch: der Titanic).
    Da braucht es kaum Herrschende, die sich als Narr verkleiden.
    Wenn der deutsche Michel frühmorgens Wind und Wetter trotzt, um mit dem Fahrrad zur Arbeitsversicherung zu fahren, hat er vielleicht geholfen, das Weltklima zu retten , das Binnenklima aber nicht: Man schwitzt gehörig auf dem Drahtesel.
    Derweil düsen die überaus sympathische bayerische Grüne oder der Häuptling der «Umwelthilfe» mal eben um die Welt (um diese in letzter Minute zu retten, klar).
    In der Arbeitsversicherung angekommen, kann er sich an der bunten Vielfalt an Qualifizierungsangeboten und der Diversität des Publikums erfreuen.
    Auch dem, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln das Leben in vollen Zügen genießt um zur Arbeit zu gelangen, ist vielleicht nicht gerade zum Lachen zumute.
    Währenddessen geht der Sohn – politisch korrekt – als Ballettmädchen verkleidet und die Tochter als Piratin in den Kindergarten. Nur der kleine Junge mit den dunklen Haaren kommt als «Superman», aber da muss man eben sensibel sein.
    Der Stromanbieter hat zwischenzeitlich den Tarif «angepaßt» und – oh Wunder – der «Soli» muß leider weiter bestehen bleiben. Alternativlos.
    Aber unser Land ist Vorreiter in Humanität, Energie- und sonstigen Wenden und um unsere Kanzlerin beneidet uns die Welt.
    Wer lacht hier eigentlich über wen?

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  • Wolfgang Illauer
    8. März, 2019

    Es ist vielleicht nicht ganz ohne Interesse, zu erfahren, was Cicero vor mehr als 2000 Jahren über das Spotten und Witzemachen gesagt hat. Allerdings geht es im folgenden Zitat aus dem zweiten Buch seiner Schrift über den Redner nicht um Karnevalsreden, sondern um Reden vor dem Volk, dem Senat, dem Gericht. Die Übersetzung stammt von Theodor Nüßlein.

    „Über eine auffallende und mit einem Verbrechen verbundene Ruchlosigkeit und hinwiederum über ein auffallendes Elend lacht man nicht. Verbrecher nämlich will man mit einer härteren Waffe als mit der des Spaßes verletzt sehen, und bedauernswerte Menschen will man nicht verspottet sehen, es sei denn, sie machen sich wichtig. Besonders zurückhalten soll man sich aber im Hinblick auf die Zuneigung der Menschen, damit man nichts Unüberlegtes sagt gegen die, welche hoch geschätzt werden. Beim Scherzen muß man also in erster Linie diese Mäßigung üben. Deshalb treibt man am leichtesten seinen Spott mit den Dingen, welche weder großen Haß noch besonders großes Mitleid verdienen. Deshalb ist der ganze Stoff des Lächerlichen in den Fehlern enthalten, die es im Leben der Menschen gibt, soweit diese weder beliebt noch unglücklich sind noch wegen eines Verbrechens, wie es scheint, zur Hinrichtung geschleppt werden müssen. Man lacht, wenn solche Fehler in netter Weise gegeißelt werden. Auch Mißgestalt und körperliche Gebrechen bieten genug netten Stoff zum Scherzen; aber wir stellen dieselbe Frage, die man auch in anderen Bereichen am ehesten stellen muß: ‚Wie weit darf man gehen?‘ Dabei soll nicht nur die Vorschrift gegeben werden, man dürfe nichts geschmacklos sagen, sondern der Redner muß, auch wenn er etwas noch so spaßig vorbringen könnte, zweierlei vermeiden, nämlich daß der Spott in Possenreißerei oder in mimische Clownereien ausartet.“

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  • Peter Wichmann
    8. März, 2019

    Lieber Alexander Wendt. Eins meiner Lieblingsthemen: Humor in Deutschland. Ich bin nicht weitgereist genug, um die Humorlage andernorts beurteilen zu können. Aber Humor in Deutschland. Gütiger Himmel, da werden wir eher auf dem Mars fündig. Um nicht mißverstanden zu werden: ich schreibe Humor und ich meine Humor. Bei dem mitgedacht werden muß. Bei dem nicht nur reflexhaft die Lachmuskulatur betätigt wird. Büttenreden- oder Stammtischkalauer, drittes oder viertes Untergeschoß, das ging lange Zeit gut. Dann aber kam Frau Möller-Hasenbeck. Garantin für die weitere Humorfahrt abwärts ins siebte oder achte Kellergeschoß. Und draußen wütet brachial die Political-Correctness-Meute. Und vor diesem Hintergrund wollen Sie Witze über Minderheiten riskieren? Dann gute Nacht Alexander.

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  • Exildeutscher
    13. März, 2019

    Ganz
    großes
    Kino. 🙂

    Danke an alle Autoren dieser Seite – «you made my day» (Clint Eastwood).
    Das macht mir Hoffnung, dass es noch so etwas wie eine deutsche Seele gibt, die erkennt, durchleuchtet, drüber steht, ohne sich drüber zu stellen. So «schaffen wir das». Eines Tages.
    Beste Grüße aus dem Nachbarland des Alpenvolkes Österreich, wo die 5 meist noch gerade ist!

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  • Stefan Maschke
    14. März, 2019

    Fragt ein junger Jude den Rabbi: «Wie werde ich unsterblich?»
    Darauf der Rabbi: «Heirate.»
    «Und das macht mich unsterblich?»
    «Nein, aber es nimmt Dir den Wunsch.»

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Original: Für offene Scherzgrenzen

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