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Politik, Gesellschaft & Übergänge

Einstürzende Rauten

Original post is here eklausmeier.goip.de/wendt/2017/11-einstuerzende-rauten.


Nach dem Jamaika-Ende geben sich die deutschen Medien so wirr wie schon lange nicht mehr

Von Alexander Wendt / / medien-kritik / 24 min Lesezeit

Seit der Wahl Donald Trumps und der Brexit-Entscheidung existiert eine gewisse Routine der deutschen Medien: Leitartikler und andere Meinungsinhaber stellen fest, dass die Zeitläufte schmählich darin versagt hat, ihre Prognosen zu erfüllen. Am Mittwoch vergangener Woche lautete der Beschluss der Medienschaffenden noch, mitgeteilt in einer Einheitsformulierung von ARD, Stern, Süddeutsche bis BILD: Jamaika ist auf der Zielgeraden. BILD ragte zugegebenermaßen mit der Doppelmetapher heraus, der „Jamaika-Poker“ befinde sich auf der „Zielgeraden“.

Und jetzt das. So viel Renitenz seitens der Wirklichkeit macht Redakteure wütend. Leider auch ein bisschen wirr. Um mit dem Schreiber zu beginnen, dessen Gesicht die meisten bei „wirr“ sofort assoziieren dürften: für Franz Josef Wagner von der BILD begann die Woche schlimm. „Als ich aufwachte, waren wir ein Land ohne Regierung.“ Was eigentlich die Frau im Kanzleramt und Sigmar Gabriel auf Auslandsreise machen, vertieft er nicht weiter.
Nun ist Wagner Briefschreiber und kein Politikredakteur. Bei denen sieht es aber kaum anders aus. „Fahnenflucht“ titelte die B.Z. am Dienstag nach der Katastrophe. Und meint dabei vor allem einen Fahnenflüchtigen: Christian Lindner. Nun bedeutet Fahnenflucht bekanntlich, als Soldat seinen Fahneneid zu brechen. Welchen Eid soll der FDP-Chef geleistet haben, der ihn verpflichten würde, gefälligst für die Mehrheit einer vierten Regierung Merkel zu sorgen? Wenn eine Zeitung keinen Unterschied mehr zwischen freien Abgeordneten (und nur die werden gewählt, keine Koalition) und militärischer Truppe erkennt, dann sagt das auch etwas über das politische Klima in Deutschland Ende 2017 aus.
Auch Heribert Prantl sieht eigentlich keine Parteien mehr, sondern nur gute und ungute Politiker. Und wer ungut ist (also die Kanzlerin nicht stützen will), der ist folglich auch rechts:

„Die Lindner-FDP hat die Sondierungsgespräche dazu missbraucht, um sich nach Vorbild des ehemaligen FPÖ-Chefs zu ‚haiderisieren’ – um dann gegebenenfalls bei einer Neuwahl der AfD Stimmen wegzunehmen. Parteichef Lindner wollte potenziellen AfD-Wählern zeigen, dass sie auch bei seiner FDP gut aufgehoben sind.“

Das findet auch der Tagesspiegel in seinem Leitartikel:

„Das Projekt kleine Volkspartei (…)mit einer Liste Lindner, angelehnt im national(liberal)en Ton sogar auch an die FPÖ – das führt in die Irre.“

In der Umkehrung von Johannes Gross gilt jetzt offenbar: Rechts zu sein bedarf es wenig. Worin besteht nun eigentlich Lindners Blitzradikalisierung zum deutschen Haider? Er ist rechts und national, weil er die Abschaffung des Solidaritätszuschlags bis 2021 forderte (wie übrigens auch der Wirtschaftsflügel der Union)? Weil er das Erneuerbare-Energien-Gesetz für völlig gescheitert hält (wie praktisch jeder Experte)? Oder weil er darauf besteht, dass Migranten, die weder unter Asyl- noch Flüchtlingsschutz stehen, auch weiterhin ihre Familien nicht nach Deutschland bringen sollen? Das hatte im vergangenen Jahr übrigens die Union genau so zusammen mit der SPD beschlossen. Was empfiehlt Prantl am Ende seines Traktats? Eine Koalition aus Union und SPD. Was wieder einmal den Verdacht nährt, dass Deutschlands moralischster Leitartikler seine Texte vielleicht eigenhändig tippt, sie aber vor Drucklegung nicht noch einmal durchliest.
Dann würde ihm die Absurdität auffallen, Lindner dafür zu beschimpfen, dass er nach 56 Tagen Sondierung zu dem Schluss kommt: ich will da nicht mitmachen, und ihm gleichzeitig eine Haiderähnlichkeit nachzuweisen. Was nach Prantls Maßstäben nur heißen kann: er soll, ja er darf gar nicht mitmachen.
Einen Ausflug ins Postfaktische unternimmt die Berliner Zeitung vom Mittwoch, die den Paria Lindner im Bundestag beschreibt:
„Es gibt keinen Kanzlerinnenblick für Christian Lindner, ganze zehn Minuten nicht.“
Und warum?
„Seine FDP ist nun nicht mehr Regierungspartner, sondern Regierungsverhinderer.“ Richtig ist: Lindners FDP war nie irgendjemandes Regierungspartner. Er führte sie erst wieder aus dem außerparlamentarischen Dasein in den Bundestag. Und wieso sollte Lindner eine Neuauflage der großen Koalition „verhindern“? Erpresst er Martin Schulz mit unvorteilhaften Fotos? Das ist in jeder Hinsicht kaum vorstellbar.
Einen tiefen Blick in die Geschichte wirft wiederum der Tagesspiegel:
„Wenn das Hans-Dietrich Genscher wüsste! Der war der Meister der Kompromisse – und seine politischen Nachfahren, die sich auf ihn berufen,(…) wollen nicht einmal Gesellen sein?“
Nun besteht ja der Tagesspiegel bereits ein paar Jahre. Vermutlich gibt es dort sogar ein Hausarchiv, dem der Leitartikler entnehmen könnte, dass Genscher 1982 sogar die Koalition mit der SPD platzen ließ. Und zwar deshalb, weil er in Haushalts- und anderen Fragen eben keine Kompromissmöglichkeit mehr mit Helmut Schmidt und vor allem dessen Partei sah. Er betrachtete es auch nicht als Aufgabe der FDP, einen abgewirtschafteten Kanzler möglichst lange im Amt zu halten.
Für einen Koalitionär gibt es tatsächlich etwas zu brechen. Lindner, um es noch einmal festzuhalten, war nie Regierungspartner von Merkel, er befand sich auch nicht in Koalitionsverhandlungen. Sondern in einer Sondierung, die den Zweck hatte, Gemeinsamkeiten zwischen vier Parteien auszutesten. Alle vier hatten vor Beginn erklärt, selbstverständlich verhandle man ergebnisoffen. Und da steht einer urplötzlich nach einem Monat und zwei Verlängerungen „mitten in der Nacht“ (ZDF heute) auf und geht? Das ist selbstredend „eine Bewährungsprobe für die Demokraten und die Demokratie in Deutschland“ (Berliner Zeitung). Wo nicht gar für die Demokratie im Universum. Wann bestellt Darth Vader die Parteivorsitzenden endlich zu Einzelgesprächen?
Zusammengefasst lautet das Medienurteil über Christian Lindner: er hat schwere Schuld auf sich geladen, indem er nicht nur die Ziele der Grünen nicht einfach übernahm, sondern auch noch darauf bestand, zumindest Teile seines Wahlprogramms durchzusetzen, statt einfach einen Fahneneid auf Angela Merkel zu schwören. Es ist schließlich klar, worin die Aufgabe eines Abgeordneten besteht: die Weltkanzlerin beim Regieren zu unterstützen, statt in der Opposition herumzuhaidern. Die Journalisten tun in dieser Hinsicht doch auch nur ihre Pflicht.
Dafür verdienen sie sich auch den einen oder anderen freundlichen Kanzlerinnenblick.

27 Kommentare
  • Dr. med. Ulrich Opfermann
    22. November, 2017

    Herr Wendt, vielen Dank für Ihre völlig korrekte Beschreibung eines Zustandes in diesem Lande, der Schauder lässt. Wie kann es sein, dass anscheinend jede Partei nach der Wahl lediglich als Steigbügelhalterin für die ewige Kanzlerin herhalten soll? Und wenn eine Partei hinter ihren Wahlversprechen steht und den Irrsinn von Jamaika nicht mittragen kann, soll sie ein Demokratiefeind sein? Dieses Land steht Kopf!

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    • Hand Meier
      23. November, 2017

      Für mich liegt die Ursache der Reaktionen der Journalisten, in ihrem Werdegang. Die Leute gingen lange zur Schule und waren links. Sie wichen jeder konkreten Berufsausbildung weiträumig aus, weil sie mit Werkzeug persönlich verunglücken und mit Logik im Streit stehen.
      Also besuchten sie die Journalisten-Schule und machten was in „Sprache“, wurden Angstellte bei der „Klatschpresse“, möchten lieber zum besser zahlenden GEZ-Funk und bleiben als Systemlinge angepasst.
      Sehr schön bei Youtube: Uwe Steimle, „die Spitze des Eisbergs“ zu sehen.
      Diese Eindimensionalität ist Markenzeichen von Schwätzern und Schauspielern die ihre Rollen abspulen, wie Systemlemminge.

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      • willi
        24. November, 2017

        …und wenn sie sich dann wenigstens auf objektive unvoreingenommene reine Berichterstattung konzentrieren würden,statt in vorrauseilendem EduardSchnitzler-Gehorsam selbst Politik und Meinungsmache zu betreiben, aber Herr Wendt drückt es mit dem Schlußsatz schon gut aus und ich möchte hinzufügen, es ist legitime selbstschützende Korruption in einer blanken Diktatur für einen wohlwollenden Blick des Mächtigsten untertänigst dessen Willen abzubilden indem es schlimmste Bestrafung vermeidet.
        Für den deutschen Journalisten würde der Hauch von Kritik an alternativloser kaiserlicher Politik bereits schlimmste Srafen nach sich ziehen, indem die anderen wilhelminischen Untertanen diesen «Fahnenflüchtigen» dann reflexartig im rechten Lager verorten und dieser statt auf Staatsknete dann auf Spenden angewiesen ist.
        Wie befreit würde auch der deutsche Journalismus zu humanistischen freiheitlich demokratischen Tugenden und Vokabular zurück kehren können, wenn wieder einmal das Pack für freiheitlich-demokratische Verhältnisse von unten sorgt und sich die in der Geschichte in geradezu christlicher Tradition notorisch verräterisch andienende Journaillienschaft dem dann plötzlich wieder mächtigen Souverän als Mächtigen anschmeichelt. Dann endlich kann es nach Entnazifizierung und Entstasifizierung eine Entmerkelisierung der Medien geben, hoffentlich konsequenter als bei den Vorgängern.
        Amen

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  • Reiner Arlt
    22. November, 2017

    Ein «Land ohne Regierung» – am besten auch ohne Parlament (jedenfalls eines, wie wir es die letzten vier Jahre hatten) – fände ich für eine gute Weile (sagen wir: Eine Legislaturperiode) ganz in Ordnung:
    Es gibt genug Gesetze, alles ist irgendwie geregelt. Man muss nicht immer am Bestehenden herumwursteln, es genügt, einfach bestehendem Recht und Gesetz zu folgen. In vier Jahren könnte man dann mal schauen, ob vielleicht weitere vier Jahre ‘Ohne’ ganz gut wären – oder ob es irgendwo dringenden Handlungsbedarf gibt.

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  • Pérégrinateur
    22. November, 2017

    Etwas anderes als ein Teufel Lindner ist ab initio unmöglich, denn das passte nicht in unser alternativlos kritisches System.

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  • Bernhard Grosser
    22. November, 2017

    Mein Gott, dass ich DAS noch erleben darf (Jahrgang 1953)! Welch eine Wohltat! Es tut sich etwas Neues auf im deutschen Medieneinheitsbrei: Journalisten, die doch tatsächlich die graue Masse zwischen ihren beiden Ohren autonom. kritisch und reflexionskompetent benutzt und nutzt! Allerherzlichsten Glückwunsch und ein möglichst langes «Überleben»!!!

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  • Alfred Josef
    23. November, 2017

    Gut gemacht, Danke!

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  • Stephan Landgrebe
    23. November, 2017

    Leider kann ich dem nur in Allem zustimmen. Lindner hat endlich die Reißleine gezogen, nachdem klar wurde, dass die Position der FDP und der grünen gar zu weit auseinanderliegen. Das hat im Übrigen auch Karin Göring- Eckarts in einem Interview der Tagesschau aufs Schönste erläutert, als sie kundgab, der Wahlkampf wäre ja von sehr weit auseinander liegenden Positionen geführt worden. Meiner Meinung nach haben die Grünen auch seither nicht erkennen lassen, dass sie auch nur von irgendeiner ihrer verbohrten Überzeugung abrücken. Vermutlich hatten sie schon die Dienstwagen bestellt und die Ministerposten unter sich aufgeteilt. Jetzt schlagen die gleichgeschalteten Medien auf die FDP ein, die sich der von der Kanzlerin gewünschten Schwampel verweigert. Dabei scheint kaum ins Gewicht zu fallen, dass die Grünen mit ihren sagenhaften achteinhalb Prozent der Wählerstimmen mit ihren Betonköpfen immer wieder versuchen, den Schwanz mit dem Hund wedeln zu lassen.

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  • Stephan Landgrebe
    23. November, 2017

    Leider kann ich dem nur in Allem zustimmen. Lindner hat endlich die Reißleine gezogen, nachdem klar wurde, dass die Position der FDP und der Grünen gar zu weit auseinanderliegen. Das hat im Übrigen auch Karin Göring- Eckart in einem Interview der Tagesschau aufs Schönste erläutert, als sie kundgab, der Wahlkampf wäre ja von sehr weit auseinander liegenden Positionen geführt worden. Meiner Meinung nach haben die Grünen auch seither nicht erkennen lassen, dass sie auch nur von irgendeiner ihrer verbohrten Überzeugung abrücken. Vermutlich hatten sie schon die Dienstwagen bestellt und die Ministerposten unter sich aufgeteilt. Jetzt schlagen die gleichgeschalteten Medien auf die FDP ein, die sich der von der Kanzlerin gewünschten Schwampel verweigert. Dabei scheint kaum ins Gewicht zu fallen, dass die Grünen mit ihren sagenhaften achteinhalb Prozent der Wählerstimmen mit ihren Betonköpfen immer wieder versuchen, den Schwanz mit dem Hund wedeln zu lassen.

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  • Harders
    23. November, 2017

    Ein ansprechender Kommentar aktueller Begebenheiten, der das in Worte fasst was mir durch den Sinn ging.
    Viel Erfolg auf diesem Weg, der bei dem immer noch herrschenden Mainstream sehr steinig sein dürfte,
    Steine , die der Wahrheit, dem eigenen Denken, der geistigen Entscheidungsfreiheit, selbst der
    teilweise schon deutlich manipulierten Gedankenfreiheit in den Weg gelegt werden .

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  • Cindy
    23. November, 2017

    Alexander, wo warst du vor sieben Jahren, als Merkel den Bundestag belogen hat? Und wo waren und sind deine Kollegen? Wieso seid ihr alle so langsam? Ich habe mir neben Vollzeitjob, Kindern und Haushalt die Finger wund geschrieben. Jeden Tag ein Aufschrei. Bis die Polizei bei meiner Freundin auf der Matte stand. Angeblich hatten wir ein raubkopiertes Foto im Blog. Wie dem auch sei, ich genieße es natürlich, dass ihr Männer euch langsam aus der Deckung traut. Sogar Journalisten, wer hätte das gedach!t? Während ihr jetzt noch schnell euren Beitrag für die Freiheit leistet, schaue ich mir die ganzen Blögge an, die neuerdings wie eine aufgeregte Schafsherde durchs Netz blöken… so kurz vor dem Fall der Raute. Ganz großes Kino, Jungs! Danke, dass ihr die Reste wegräumt. Ich geh mich dann mal um meine Familie und meinen Job kümmern, ordne meine Papiere, frage meine Freunde, ob sie mich noch kennen. Der Sand, den ich mir nach verdammt harter und unbezahlter Arbeit abschüttele, ist der, in den Leute wie du Alexander, sieben Jahre ihren Kopf gesteckt haben. Da du dafür sicher königlich bezahlt wurdest, hast du natürlich das Recht, jetzt auch noch mal den Rahm abzuschöpfen. Tu mir aber bitte den Gefallen und knöpf dein Hemd zu wie ein Mann oder zieh kein Hemd an. (Beitrag gekürzt, Anm. d. Red.)

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  • Christopher Sprung
    23. November, 2017

    Ins Schwarze getroffen. Ergänzend: auch ARD- und ZDF- «Hauptstadt»-Journalisten haben in ihren Kommentaren eins gemeinsam: niemals kritisieren sie Merkel, immer aber Lindner. An Merkel stellen sie zur besten Sendezeit nur devote Fragen. Über die Verantwortungslosigkeit einer angeblichen Verhandlungsführerin erfährt das Volk nichts. Jeder CEO, der in einer kritischen Unternehmensphase solch chaotische Verhandlungen organisiert hätte, wäre längst fristlos entlassen. Erneut sehen Medien und Volk nicht, wo die eigentliche Verantwortung liegt: bei Merkel.

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  • Bärbel Schneider
    23. November, 2017

    Das weitaus Beste, das ich zu diesem Thema gelesen habe. Ihren Kanontext möchte ich noch ergänzen: Rechts zu sein, bedarf es wenig, doch wer rechts ist, wird der König. Ob Lindner nun aus Sorge um unser Land oder ausschließlich um eigener Machtoptionen willen so handelt, wie er est tut, ist mir gleich. Hauptsache, es geht in die richtige Richtung.

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  • Martin Landvoigt
    23. November, 2017

    Ob man die FDP mag oder Lindner oder nicht, ist völlig gleich. Die wirren Artikel und Mediendarstellungen in Funk und Fernsehen offenbaren ein entsetzlichens Bild von journalistischer Idiotie. Man braucht keine Lügenpresse mehr, wenn man von derartigen Wirrköpfen vollgetextet wird. Gestern abend in HR-Info ein Kommentar: Linder sei aus völlig unverständlichen Gründen ausgestiegen … wer denn die einfachsten Dinge nicht verstehen kann oder verstehen will, sollte einfach mal die Klappe halten.

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  • Hajo Blaschke
    23. November, 2017

    Ein guter Artikel, den Nagel genau auf den Kopf getroffen und die Systemjournaille gnadenlos bloßgestellt.

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  • Werner Marquardt
    23. November, 2017

    Wahlrechtsänderungen dringend geboten.

    Mir ist schon seit längerem aufgefallen, dass nach Bundestagswahlen am Wahlabend die Partei-Granden sich die angeblich von der Wählerinnen gewollten Koalitionen herbeifantasiert haben.

    Jetzt ist das Zeitfenster, durch ein «Außerparlamentarisches Auge» tiefgreifende Wahlrechtsänderungen zu fordern.

    Mit einer dritten Stimme sollte die Wählerschaft bekunden können, welche Partei sie keinesfalls in einer Koalition haben will. Eine negative Stimme also.
    Die Kombinationen wären schier unerschöpflich. Man könnte beispielsweise mit der Erststimme den unabhängigen Einzelkandidaten wählen, mit der Zweitstimme die XXX und mit der Drittstimme eben diese Partei von der Regierung ausschließen.

    Ein noch umfassenderer Reformansatz könnte gar Regierungskoalitionen komplett ausschließen und dafür die Parlamentsregeln zugunsten von Minderheitsregierungen anpassen.

    Unerträglich ist auch, dass alle Parteien, welche es über die 5%-Hürde geschafft haben, gemäß ihrer Stimmenrelation weitere Mandate schöpfen aus den Nichtwählern, den ungültigen Stimmen und aus den weggefallenen Stimmen aller Parteien und Einzelnewerbern, die es nicht in den Bundestag geschafft haben.
    Mein Vorschlag diesbezüglich: Gemäß dem Stimmenanteil der oben Genannten müsste die Anzahl an Mandaten, welche über die Zweitstimme vergeben werden, entsprechend nach unten angepasst werden. Überschlagsmäßig dürften dies am 24.9.17 etwa 100 Sitze gewesen sein. Also statt der 299 Zweitmandatssitze nur etwa 199. Unbeeinflusst wäre natürlich die Zahl der Direktmandate, die ja weiterhin mit der Wahlkreis-Anzahl übereinstimmen muss.

    Zuletzt ein Vorstoß gegen das Ausufern der Parlamentsgröße durch Überhang- und seit 2013 auch Ausgleichsmadaten. (Die Regelung ist so heimtückisch, dass, wenn in einem Bundesland mehr Direktkandidaten einer Partei gewählt wurden, als dem Zweitstimmenergebnis entspricht, dafür Landeslistenkandidaten der Parteien der unterlegenen Direktkandidaten in den Bundestag geschickt werden. Kandidaten, die im Zweifel niemand kennt, da auf dem Wahlzettel nur die ersten fünf aufgeführt sind.)

    Mein Vorschlag hierzu: Es dürfen als Direktkandidaten nur Personen aufgestellt werden, die auf keiner Landesliste einer Partei stehen.
    Weiter dürfen die gewählten Direktkandidaten nicht in derselben Fraktion sein wie die über die Listen in den Bundestag eingezogenem Abgeordneten.
    Als Nebeneffekt würde dies die Chancengerechtigkeit von unabhängigen Einzelkandidaten erhöhen.
    Das Ganze soll dazu dienen, dass gewonnene Direktmandate nicht mit dem Zweitstimmenergebnis derselben Partei verrechnet werden dürfen.

    Als letztes führe ich noch einen Vorschlag ins Feld, der ein Ventil schaffen würde für angestauten Frust über die Arbeit von aktuellen Regierungen. Zurzeit ist es doch so dass Protestwahlverhalten teils völlig irrational erfolgt und gar Landtagswahlen zum Abstrafen einer Partei auf Bundesebene missbraucht werden.

    Alle 16 Monate sollte daher eine Volksabstimmung über die Arbeit der Regierung erfolgen. Bei Koalitionen müsste zudem jede beteiligte Partei einzeln auf den Prüfstand.
    Wer die Mindestzustimmung von, sagen wir, zwischen 43 und 47 % nicht erreicht, wird auf die Oppositionsbänke gekegelt.

    Einen habe ich doch noch.

    Die gefühlt stündlich in irgendwelchen Medien durchgekauten Wahlumfragen drohen zunehmend zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen zu werden.
    Zumindest handelt es sich um kostenlose Reklame für alle Parteien, die auf deren Liste stehen.
    Aufstrebende neue Parteien wird somit die doch bei ihnen erst recht nötigen Öffentlichkeit vorenthalten.
    Da eine Einbeziehung auch kleinster Parteien mit den üblicherweise lediglich 1024 Befragten schwierig erscheint, würde ich fordern, dass Medien nur Umfragen thematisieren dürfen, die mindestens 50.000 Interviewte vorweisen können, und zwar repräsentativ.
    Hier wären zwei positive Nebenwirkungen erwartbar:
    Einerseits eine höhere Treffsicherheit und ein Rückgang der Umfragehäufigkeit aus Kostengründen.

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    • oldman
      23. November, 2017

      Im Prinzip gebe ich Ihnen recht, nur leider ist das Vorgeschlagene zu umfangreich und kompliziert. Eine einfachere Sofortlösung sehe ich bei Vera Lengsfeld > bitte dort nachlesen :» 237 Konfliktpunkte und ein Befehl».
      vera-lengsfeld.de.
      Den Artikel von Herrn Wendt finde ich übrigens brillant.

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      • Werner Marquardt
        23. November, 2017

        Werter Old Man
        Ich habe den Beitrag 273 «Konfliktpunkte und ein Befehl» auf dem Blog von Vera Lengsfeld gelesen.
        Er ist brilliant ebenso wie der Beitrag von e anderen Wendt, wenn ich auch das Beitragsbild für nicht sehr zielführend halte.

        Was ich bezüglich Wahlrechtsänderungen bei Lengsfeld gelesen habe, bleibt aber Lichtjahre hinter meinen konkreten Vorschlägen zurück. Sie erwähnt lediglich, dass Verfassungsklagen in Arbeit seien.
        Gewiss für Wahlplakate wären meine Ideen zu komplex.
        Ich würde mir Mitstreiter wünschen, die mit mir zusammen auf die Straße gehen und die Vorschläge verbreiten.

        Im Bundestag werden sich die Abgeordneten natürlich aus Eigennutz nicht damit beschäftigen wollen. Zumindest 111 Abgeordnete müssten sich quasi selbst aus dem Bundestag werfen…
        Dass das Bundesverfassungsgericht angerufen wird angesichts der 709 statt 598 Abgeordneten, ist wichtig.
        Aber das Verfassungsgericht wird keine eigenen Vorschläge unterbreiten falls es die Entwicklung zu 709 Abgeordneten monieren sollte.

        Daher finde ich es extrem wichtig, dass eben solche Vorschläge schon in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind, wenn das Verfassungsgericht Stellung bezieht.

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    • W.Walter
      23. November, 2017

      «Ist doch schön, so bequem, ist doch herrlich angenehm»
      Sie haben sich viele gute Gedanken gemacht, doch: Wer von den Parteien will denn das System ändern, um sich selbst wegzurationalisieren ? Antwort: siehe oben

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    • Stefan Sauerbrey
      23. November, 2017

      Ich habe auch noch einen: unser Verhältniswahlrecht abschaffen und das Mehrheitswahlrecht einführen. Entsprechend Grundgesetz ist das möglich!

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    • Matthias Schrader
      23. November, 2017

      Selten so viele gute Vorschläge zur Veränderung des deutschen Wahlrechts gelesen! Respekt! Vielen Dank für die interessanten Anregungen!

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  • Helene
    23. November, 2017

    Nur eine kleine Randbemerkung anläßlich des „Scheiterns“ der Sondierungsgespräche. In einer Zeitung war zu lesen, daß man in Brüssel einige Projekte in Gefahr sehe, so auch die Verteidigungsgemeinschaft. Ich habe „Verteilungsgemeinschaft“ gelesen. Wahrscheinlich kommt das der Wahrheit ziemlich nahe, die Sorge um dieses Projekt dürfte „Brüssel“ am meisten umtreiben.

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  • Klaus Niemann
    23. November, 2017

    Ich würde dem bunten Strauß aus Qualitätsjournalismus gerne noch eine ganz besonders schöne Blüte hinzufügen.
    Dass «Jamaika» selbstverständlich ein starkes Zeichen «gegen Rechts» dargestellt hätte, ist zwar von der Analyse her grundfalsch, aber über den in diesen Kreisen üblichen Beißreflex könnte man ja noch hinweg sehen, wenn nicht diese Passage wäre:
    «Man kann dafür sein, dass nur wenige Flüchtlinge nach Deutschland kommen (wie die Union), oder für eine weitgehende Grenzöffnung (wie die Grünen)…….
    ……..
    Das alles sind Positionen, die innerhalb des liberalen Grundkonsenses artikuliert werden können – und müssen.»

    Das spricht für sich.
    http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-11/jamaika-sondierung-rechtspopulismus-scheitern-kommentar

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  • Otger
    23. November, 2017

    Toller Artikel!
    Nur eine kleine Randbemerkung zu «Erpresst er Martin Schulz mit unvorteilhaften Fotos? «.
    Möglich, denn diese Fotos gibt es!
    Sie waren bis vor Kurzem an vielen Strassenecken zu sehen.
    Und sie zeigen im Nachhinein einen Politiker in der für ihn schlimmsten aller Posen.
    Sie zeigen einen Mann, den die Wähler nicht wollen.

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  • Tom Hess
    23. November, 2017

    Ich glaube, hier kommen mehrere Aspekte zusammen.

    Viele links-grüne Politiker und Journalisten können eine anderslautende Meinung nicht ab. Nur was sie tun, ist moralisch richtig. Entsprechend fällt mir in den sozialen Netzwerken und Kommentarspalten der Mainstream-Medien auf, dass unerwünschte, nämlich kritische Kommentare konsequent gelöscht bzw. nicht veröffentlicht werden und viele Kritiker durch die betroffenen Gruppen oder Politiker in den sozialen Netzwerken sogar gesperrt werden.

    Daraus wird mit der Zeit ein Profil, in dem andere User nur noch loben und huldigen. Anders ausgedrückt: die basteln sich ihre eigene Käseglocke. Ich lass alles stehen, solange es nicht wirklich rechtsaußen oder massiv beleidigend. Aber bei den genannten Gruppen (Politiker und Medien) wird ja schon gesperrt und gelöscht, was kritisch ist. Und da, denke ich, gibt es einen Unterschied zu Lindner.

    Ich selber habe auch viel in der Richtung geschrieben (schon vor der Wahl) dass ich wohl eher AfD wählen würde als FDP. Einfach aus der Angst heraus, dass sie wieder umkippen könnte. Und ich fühlte mich die letzten Wochen bestätigt. Wie viele andere Kommentatoren und FB-Freunde auch. Ich stehe aber sehr gerne dazu, wenn ich jetzt revidieren muss, weil Lindner doch Rückgrat beweist. Mach ich wirklich gerne. Aber ich denke, das dürfte auch diesen vielen Reaktionen geschuldet sein.

    Lindner ist jung, internet-affin und er gehört nicht zu den links-grünen Tagträumern. Keine Kritik von mir wurde bei Kubicki oder anderen FDP-Politikern jemals gelöscht. Ich denke, Lindner ist nah an den Leuten. Und er weiß, dass viele von der FDP abspringen, wenn er sich auf diese unheilige Allianz einlassen würde. Ich muss offen und ehrlich sagen: wenn er das durchzieht, weiß ich, wem ich bei der nächsten Wahl meine Stimme gebe: definitiv der FDP.

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  • willi
    24. November, 2017

    In der Sache kann ich nicht verhehlen Lindner nicht zu trauen, gerade weil es auch die FDP stärkt solcherart Rückgrat bewiesen zu haben. Aus der Geschichte des FDP Untergangs gelernt bestimmt nicht, nur diesmal eben das Gegenteil gemacht. Er ist eben im Gegensatz zu den ganzen verstaubten Brazen jung und klug genug, seine richtige Karriere damit vorzubereiten und noch abwarten zu können. Denn das merkelsche Jammertal kommt ja erst noch. Gebt mir 4 Jahre Zeit und es wird sich zeigen, ob die Integration der Deutschen funktioniert hat…
    Lindner kann noch auf Großes hoffen und das er das erkannt hat, hat er gezeigt. Im Hinblick auf die herrschenden Übel könnte man sich fast darauf freuen.

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Original: Einstürzende Rauten

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